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Güterzüge werden leiser

Kostengünstige Flüsterbremse europaweit zugelassen • Die Umrüstung der Bestandswagen bei der Deutschen Bahn beginnt • Bund fördert – Verkehrsunternehmen leisten ihren Beitrag

DB AGBerlin, 25.06.2013 (BA/gm)
Auftakt für leisere Güterzüge in Deutschland: Mit der symbolischen Umrüstung eines ersten Güterwagens von DB Schenker Rail auf die neu zugelassene LL-Bremssohle haben das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), die Deutsche Bahn sowie der internationale Eisenbahnverband UIC am gestrigen Montag in Berlin den Startschuss für die Umrüstung der DB-Güterwagen gegeben. Die LL-Sohle (Abkürzung für „low noise, low friction“ – wenig Lärm, niedriger Abrieb) sorgt für glatte Laufflächen der Räder, wodurch das Vorbeifahrgeräusch von Güterzügen um rund zehn Dezibel gemindert wird, was als Halbierung des Lärms empfunden wird.

„Wir – die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium – haben uns zum Ziel gesetzt, den Schienenlärm ausgehend vom Jahr 2000 bis 2020 zu halbieren. Mit der Zulassung der LL-Sohle ist ein Signal für die sukzessive Umrüstung der DB-Güterwagen auf lärmmindernde Bremsen gegeben. Wir hoffen, dass sich auch die anderen deutschen und europäischen Wagenhalter und Bahnen anschließen, um zu einer wirksamen Reduzierung des Schienenverkehrslärms zu kommen“, erklärte Dr. Rüdiger Grube, Vorstandvorsitzender der Deutschen Bahn, am gestrigen Montag in Berlin.

Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer: „Mit neuer Bremstechnik fahren Güterzüge deutlich leiser. Diese Technik ist endlich europaweit zugelassen. Es gibt keine Entschuldigung mehr für Wagenhalter, ihre Flotte nicht zügig mit diesen Flüsterbremsen auszustatten. Wir fördern die Umrüstung der Güterwagen bis 2020 mit staatlichen Zuschüssen. Danach werden laute Züge nicht mehr auf das deutsche Netz gelassen. Es wird endlich erträglicher werden für die Menschen entlang der viel befahrenen Bahnstrecken.“

Bahnaktuell„Aufbauend auf den Messergebnissen des Testzuges „EuropeTrain“, der unter Beteiligung verschiedener europäischer Eisenbahnen und Wagenhalter rund zwei Jahre über 200.000 Kilometer quer durch Europa fuhr, haben die UIC-Gremien die notwendigen Zertifizierungen erteilt. Ab sofort können Unternehmen die Grauguss-Bremssohlen im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten ohne gesonderte Genehmigung gegen LL-Sohlen austauschen“, erläuterte UIC-Generaldirektor Jean-Pierre Loubinoux. Eine weitere Zulassung durch nationale Behörden wie das Eisenbahn-Bundesamt sei nicht mehr nötig.

DB Schenker Rail, die Güterbahn der DB, wird bis Ende 2014 5.000 Wagen auf LL-Sohle umrüsten und damit inkl. der im Projekt Leiser Rhein umgerüsteten Wagen sowie der schon vorhandenen neuen leisen Wagen über mehr als 14.000 leise Güterwagen verfügen. Um eine schnelle Lärmminderung zu erzielen, wird 2014 und 2015 der Fokus auf ganzzug-affine Wagenbauarten gelegt.

Die Kosten der reinen Umrüstung tragen der Bund über Fördermittel und die umrüstungswilligen Wagenhalter gemeinsam. Um die Belastung der Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs zu vermindern, erhalten die Wagenhalter eine Förderung des Bundes. Die nach der Umrüstung entstehenden Folgekosten, die zum Beispiel durch häufigere Inspektionen und einen höheren Radverschleiß entstehen, sind indes bislang nicht Gegenstand der Förderung und von den Wagenhaltern vollständig zu übernehmen. Eine öffentliche Förderung in diesem Bereich könnte die Umrüstung der Wagen deutlich beschleunigen und die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs erhalten.

Neben der staatlichen Förderung hat die DB Netz AG zum 1. Juni dieses Jahres ein lärmabhängiges Trassenpreissystem eingeführt, das für laute Züge einen Zuschlag und für leise einen Bonus vorsieht. Damit wird ein ergänzender finanzieller Anreiz für den Einsatz leiser Güterwagen geschaffen. Durch den Trassenpreiszuschlag wird der Sektor für die Kosten der Umrüstung mit in die Pflicht genommen. Schon seit 2001 wird die sogenannte K-Sohle, ebenfalls eine Verbundstoffbremssohle, bei allen neu gekauften Güterwagen von DB Schenker Rail verwendet. Bei Bestandswagen ist bei Einsatz der K-Sohle allerdings ein umfangreicher Umbau der Bremsanlage des Fahrzeugs notwendig, gefolgt von einer Neuzulassung der Bremsanlage je Wagenbauart. Die Umrüstung der bislang mit Grauguss gebremsten Bestandsflotte auf die neu zugelassene LL-Sohle ist dagegen ohne eine kostspielige Anpassung möglich, denn ausgetauscht werden dabei lediglich die Bremsklötze. Die Kosten für die Umrüstung auf LL-Sohle betragen mit rund 1.700 Euro pro Wagen etwa ein Drittel der Summe, die bei der Umrüstung von Bestandsgüterwagen auf K-Sohle anfällt.

Damit Verbundstoffbremssohlen flächendeckend ihre Wirkung entlang der Gleise entfalten können, ist die konsequente Umrüstung von Güterwagen notwendig. Nach Meinung von Experten treten hörbare Erfolge erst ein, wenn mindestens 80 Prozent aller Güterwagen eines Zuges mit Verbundstoffbremsklotzsohlen unterwegs sind. Für den Schienengüterverkehr in Deutschland heißt das: Rund 180.000 Wagen müssen umgerüstet werden, etwa 60.000 davon bei DB Schenker Rail. Auf dem deutschen Eisenbahnnetz fahren weitere rund 60.000 Güterwagen privater deutscher Wagenhalter und etwa 60.000 Wagen ausländischer Bahnen und ausländischer privater Wagenhalter mit nennenswerter Laufleistung.

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