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DGB und BDA: Spiel mit dem Feuer

Frankfurt a. M., 21.09.2014 (BA/gm)
„Wie kann es denn sein, dass die gleichen Lobbyverbände, welche mit falschen Behauptungen ein Zerrbild unserer Gesellschaft produzieren und gut organisierten Gewerkschaften grundgesetzlich geschützte Freiheitsrechte mit fadenscheinigen Argumenten absprechen, nun auch noch die Rechtswissenschaft erniedrigen und sie gar beherrschen wollen?“ Mit diesen Worten kommentierte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky das Verhalten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf dem Deutschen Juristentag in Hannover.

Dort, in der Abteilung Arbeitsrecht, hatte der Arbeitgeberverband am Ende der zweitägigen Beratungen mit Unterstützung des DGB durchgesetzt, dass die übliche Abstimmung über Reformvorschläge von der Tagesordnung gestrichen wurde. Die Begründung: Die in Kürze zu erwartenden Gesetzesentscheidungen sollten nicht „gestört“ werden. Damit verweigerte sich der Deutsche Juristentag zum ersten Mal in seiner 70-jährigen Geschichte eigenen Reformideen.

Für Lokomotivführer und Zugbegleiter bedeutet das eine herbe Enttäuschung. Sie hatten gehofft, dass die Rechtswissenschaftler die Tarifautonomie wirklich stärken und dem Treiben der Lobbyisten eine klare Absage erteilen. Stattdessen müssen sie zur Kenntnis nehmen, dass die gleichen Lobbyisten, welche die Tarifeinheit herbeibeten, eine Entscheidung verhindern. Weselsky, der zu den Rednern der Veranstaltung gehörte: „Das Fanal am Himmel schlechthin ist jedoch die innige Verbundenheit des DGB mit der BDA. Hier wird erkennbar, dass die mittlerweile nur noch 18 Prozent Organisationsgrad in allen Gewerkschaften unseres Landes von beiden Seiten als Erfolg gewertet werden. Das ist für Arbeitgeber sicherlich wünschenswert. Dass dies ganz offensichtlich auch das Selbstverständnis eines Dachverbandes von großen Gewerkschaften ist, kann einen Gewerkschafter wirklich nur erschrecken!“

Schlimmer noch aber ist, dass die Basis der Einzelgewerkschaften mit ansehen muss, wie dabei mit dem Feuer gespielt wird. Die Arbeitgeberseite stellt sich gegen die gut organisierten Berufsgewerkschaften, nimmt den DGB ins Boot und zielt in Wahrheit auf eine Normierung des Streikrechts. Am Exempel der Berufsgewerkschaften soll die Tarifautonomie dauerhaft und nachhaltig aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Offensichtlich ist erfolgreiche Mitgliedervertretung gar nicht mehr im Programm.

Das ist ein der GDL bereits bekanntes Verhalten, denn bei der DB zeigt die EVG genau das gleiche Verhaltensmuster. Handzahm mit schlechtem Organisationsgrad, aber immer mit dem Arbeitgeber unter einer Decke. Der Ruf nach Tarifeinheit wird wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Dabei wird gezielt auf diejenigen eingeschlagen, welche als einzige noch kraftvoll Arbeitnehmerrechte verteidigen. „Der Gipfel ist dabei die Schuldzuweisung für die anstehende Einschränkung im Streikrecht“, so Weselsky. „Also die großen Gewerkschafter zünden das Haus an und wenn der eigene Kittel anfängt zu brennen, dann rufen sie hinter den Berufsgewerkschaften her – haltet die Brandstifter! Das nenn ich doch echte Mitgliedervertretung!“

Und weiter: „Wer das Hohelied der Tarifeinheit singt und dabei gleichzeitig die Existenzvernichtung von hoch organisierten Berufsgewerkschaften betreibt, der handelt nicht kopflos, sondern mit System. Machterhalt, auch ohne Mitglieder, erleben wir in der aktuellen Auseinandersetzung am eigenen Leibe. Die GDL bleibt trotzdem ihren Mitgliedern verpflichtet und wird auch eine weitergehende Tarifauseinandersetzung im Wohlverstandenen Interesse aller Lokomotivführer und Zugpersonale nicht scheuen. Dies dient gleichzeitig dem wohlverstandenen Interesse aller Nutzer des Eisenbahnsystems. Im Sinne eines sicheren und geordneten Eisenbahnverkehrs sind qualifizierte, motivierte und gut bezahlte Zugpersonale zwingend erforderlich. Diese jedoch gibt es nur mit einer starken gewerkschaftlichen Interessenvertretung und nicht auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.“

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