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Vor 50 Jahren: Geburtsstunde der S-Bahn an Rhein und Ruhr am 30. August 1965

S-Bahn-Netz zwischen Rhein und Ruhr ist heute das größte in Deutschland • Landesregierung NRW und Bundesbahn schließen Rahmenabkommen zur Einführung der S-Bahn

50 Jahre S-Bahn an Rhein und Ruhr

Düsseldorf, 30.08.2015 (BA/gm)
Am 30. August 1965, vor 50 Jahren, wurden die Weichen für die S-Bahn an Rhein und Ruhr gestellt: An diesem Tag unterzeichnete NRW-Ministerpräsident Franz Meyers ein Rahmenabkommen, um den Schienen-Nahverkehr in der Metropolregion zu verbessern und die Straßen zu entlasten. Der Plan: S-Bahnen sollten auf eigenen Strecken unabhängig vom Fern- und Güterverkehr schnell und mit einem festen Takt- Fahrplan die Städte der Region verbinden.

Heute ist die S-Bahn einer der wichtigsten Mobilitätsmotoren im Pendlerland Nordrhein-Westfalen: Laut Statistischem Landesamt pendeln etwa die Hälfte der fast neun Millionen Erwerbstätigen über die Grenzen ihres Wohnortes hinweg zur Arbeit. Nach Düsseldorf waren 2013 täglich rund 288.000 Pendler unterwegs, nach Köln waren es sogar fast 305.000. Die Domstadt hält auch den Staurekord – im vergangenen Jahr stand der Kölner Autofahrer im Schnitt 65 Stunden im Stau. Als echte Alternative zum Auto ist die S-Bahn daher für viele Menschen in der Region zum unverzichtbaren Verkehrsmittel geworden.

Seit seiner Einführung hat das S-Bahn-System in NRW mit dem Wachstum der Metropolregion Schritt gehalten: Es gilt heute als größtes S-Bahn-Netz Deutschlands mit einer Gesamtlänge von über 650 Kilometern.

S 6 als erste S-Bahn unterwegs

50 Jahre S-Bahn an Rhein und Ruhr

Das S-Bahn-Netz war nicht von Anfang an so umfangreich wie heute. Nach Abschluss des Rahmenabkommens musste zunächst der Ausbau der einzelnen Linien und deren Finanzierung geklärt werden. Schließlich folgte die Bauphase. Die erste S-Bahn konnte ihre Jungfernfahrt bereits im September 1967 zwischen Düsseldorf-Garath und Ratingen Ost absolvieren. Heute ist die Linie, die inzwischen von Köln bis Essen reicht, als S 6 bekannt. In den 1960ern benötigte sie allerdings noch keine Nummer, denn sie war nicht nur die erste, sondern zunächst auch die ein einzige S-Bahn in der Region.

Rauchabteil und Nachlösewagen
In den 1970ern starteten gleich vier weitere Linien: Die S 1 von Duisburg-Großenbaum nach Bochum und die S 3 von Oberhausen nach Hattingen wurden 1974 eingeweiht. 1975 folgten die S 11 von Bergisch Gladbach nach Köln Chorweiler Nord und die S 7 von Düsseldorf bis zum Düsseldorfer Flughafen. Zum Einsatz kamen vor allem orange-weiße Elektrotriebzüge des Typs ET 420. Die neuartigen, spurtstarken Fahrzeuge wurden als technische Revolution gefeiert. Sie bestanden aus drei Fahrzeugteilen: zwei Endwagen und einem Mittelwagen. Die Möglichkeit, von einem Wagen in den nächsten zu wechseln, gab es noch nicht.

Nicht nur äußerlich unterschieden sich die damaligen Züge von den aktuellen Fahrzeugen. Wo heute ergonomische Sitze, Klimaanlagen oder moderne Fahrgastinfo-Systeme gefragt sind, waren früher ganz andere Einrichtungsgegenstände wichtig: zum Beispiel der Aschenbecher. Jede S-Bahn verfügte über einen Raucherwagen, der in der Regel sehr gut besucht war. Reger Betrieb herrschte zudem in den Nachlösewagen in der Zugmitte. Wer keinen Fahrschein hatte, musste sich dort einfinden und konnte beim Schaffner ein Ticket nachkaufen.

Angepasst: Hohenzollernbrücke und Düsseldorfer Hauptbahnhof

50 Jahre S-Bahn an Rhein und Ruhr

Mitte der 1980er starteten zwei besonders aufwendige Bauprojekte. In Köln wurde die Hohenzollernbrücke um zwei S-Bahn-Gleise erweitert, um den gleich dahinter liegenden Kölner Hauptbahnhof in das S-Bahn-System einzubinden. Dazu wurde eine komplett neue Brücke an der Nordseite angefügt. Um das Bild des historischen Baudenkmals nicht zu stören, wurde bei den Pfeilern und der Konstruktion mit den drei Bögen der ursprüngliche Stil recht genau kopiert. Bei genauem Hinsehen lässt sich aber erkennen, dass der nördliche Brückenzug im Gegenteil zu den beiden anderen geschweißt und nicht genietet wurde.

In Düsseldorf erhielt der Hauptbahnhof als Knotenpunkt zwischen der S-Bahn und der 1988 eingeführten U-Bahn eine Runderneuerung. Damit die Fahrgäste schnell zwischen S-Bahn, Stadtbahn und Fernverkehr umsteigen können, entstand eine breite Bahnhofspassage – darüber überdachte Eisenbahnsteige, darunter ein U-Bahnhof. Heute können die S-Bahn-Fahrgäste in NRW vielerorts nicht nur von der S-Bahn in die Stadtbahn, den IC oder ICE wechseln, es gibt auch direkte Verbindungen zu den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn.

Mehr Fahrgäste an Rhein und Ruhr
Die Fahrgastzahlen der letzten Jahre zeigen, wie wichtig die S-Bahn für die Region geworden ist: Den größten Zuwachs verzeichnete im Jahr 2014 die S-Bahn Köln. Auf den Linien S 11, S 12 und S 13 waren rund fünf Prozent mehr Fahrgäste unterwegs als im Vorjahr. Insgesamt nutzten mehr als 54 Millionen Menschen das S-Bahn-Angebot rund um die Millionenstadt am Rhein.

Auch im VRR-Gebiet sind die Fahrgastzahlen seit 2010 kontinuierlich um mehr als elf Prozent gestiegen: Nutzten vor fünf Jahren noch 116 Millionen Menschen die Züge des hochfrequentierten Nahverkehrssystems, beförderte DB Regio NRW 2014 etwa 130 Millionen Fahrgäste mit ihren S-Bahnen im VRR. Damit das komplexe System funktioniert sind allein für die S-Bahn Rhein-Ruhr rund 860 Mitarbeitern im Einsatz, darunter Triebwagenführer, Sicherheitskräfte, Werkstattmitarbeiter, Fahrzeugingenieure, Leitstellen- oder Verwaltungsmitarbeiter.

Meilensteine der Fahrzeughistorie der S-Bahn an Rhein und Ruhr

ab 1967: E-Lok der Baureihe E 41 mit „Silberling“-Wagen

  • aufgrund ihres Wagenkastens aus blankem Edelstahl wurden die Personenwagen „Silberling“ genannt

ab 1974: ET 420

  • 1. Baureihe entwickelt für Einsatz bei Olympischen Spielen in München 1972 (Olympia-Zug)
  • drei Fahrzeugteile: zwei Endwagen und ein Mittelwagen, zwischen denen noch kein Durchgang möglich war

ab 1979: „S-Bahn-Wendezug Rhein-Ruhr“: E-Loks der Baureihe 111 und 143 mit x-Wagen

  • bis Anfang der 1990er: E-Loks der Baureihe 111
  • ab den 1990ern: E-Loks der Baureihe 143, die aus der ehemaligen DDR stammen

ab 2000 bis heute: Linien S 11, 12, 13 mit Elektrotriebwagen ET 423

  • Triebzüge (nicht mehr lokbespannt), bei denen der Durchgang zwischen den Wagen möglich ist
  • erstes klimatisiertes S-Bahn-Fahrzeug in der Region
  • 2014: Nachrüstung mit Videoüberwachungsanlagen
  • Sitzplätze: 192
  • Stehplätze: 352

ab 2008 bis heute: Linien S 1, 2, 3, 4, 6, 9 mit Elektrotriebwagen ET 422

  • Nachfolgemodell des ET 423
  • Weiterentwicklungen: z.B. neuer Fahrzeugkopf mit Knautschzone, neue Fahrzeug- und Bremssteuerung, zusätzliche Magnetschienenbremse
  • bei der S-Bahn Rhein-Ruhr seit 2010 flächendeckend im Einsatz
  • serienmäßig mit Videoüberwachungsanlage ausgestattet
  • Sitzplätze: 192
  • Stehplätze: 352

ab 2014 bis heute: Linien S 5 und 8 mit Elektrotriebwagen ET 1440

  • Fahrzeugtyp ist für längere Fahrtzeiten konzipiert
  • mit behindertengerechtem WC ausgestattet
  • Sitzplätze: 170
  • Stehplätze: 101

Die ET 423 und 422 wurden speziell für die Anforderungen im S-Bahnverkehr konzipiert (hohes Fahrgastaufkommen, schneller Fahrgastwechsel, kurze Verweildauer im Zug). Es ist möglich, die Fahrzeugkapazitäten an das Fahrgastaufkommen anzupassen: Die Grundeinheit (Kurzzug) kann dazu mit ein oder zwei weiteren Einheiten zu einem Langzug gekuppelt werden.

Die Triebwagen sind allesamt umweltfreundlicher und spurtstärker als die lokbespannten S-Bahnen. Wesentlicher Unterschied: Die angetrieben Achsen sind unter dem gesamten Zug verteilt. Das sorgt für eine hohe Beschleunigung und schnelles Bremsen. Gleichzeitig ist das Gesamtgewicht geringer: Bei einer lokbespannten S-Bahn sind nur die vier Achsen der Lok angetrieben. Damit die Kraft auf die Schiene übertragen werden kann, muss die Lok ein entsprechend hohes Gewicht haben. Beim Triebwagen drückt hingegen das gesamte Zuggewicht die angetrieben Räder auf die Schiene und sorgt für die Kraftübertragung. Zu den Energiesparfaktoren gehört außerdem die Rückspeisung der Bremsenergie in die Oberleitung. Die entstehende Abwärme wird für die Heizung genutzt.

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