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SBB verbessert Angebot auf der Nord-Süd-Achse weiter

Bern, 04.08.2017 (BA/gm)
Seit der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels sind bereits rund 2,3 Millionen Passagiere und rund 17.000 Güterzüge durch den längsten Eisenbahntunnel der Welt gefahren. Die Pünktlichkeitswerte sind stabil. Auch wenn die Bilanz nach acht Monaten mehrheitlich gut ausfällt, steht die SBB sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr vor grossen Herausforderungen. Die SBB will das Angebot auf der Nord-Süd-Achse bis zur Eröffnung des Ceneri-Basistunnels im Jahr 2020 weiter verbessern und das vorhandene Entwicklungspotenzial im Tessin nutzen. 

An ihrem traditionellen Medienanlass im Vorfeld des Filmfestivals Locarno hat die SBB acht Monate nach der Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels (GBT) Bilanz gezogen: Der GBT hat den Bahnverkehr tiefgreifend verändert, die Reisezeit für Pendler und Touristen verkürzt und Güterzügen eine schnelle und ökologische Querung der Alpen ermöglicht. Doch will die SBB das Angebot bis zur Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels (CBT) im Jahre 2020 weiter verbessern. So ist etwa das Potenzial für eine Produktivitätssteigerung im Güterverkehr noch nicht ausgeschöpft.

Ceneri als Chance: Effizienzsteigerung im internationalen Güterverkehr
In jüngster Vergangenheit wurden auf dem Korridor zwischen Rotterdam und Genua mit den Nachbarländern Deutschland und Italien schon wichtige Verbesserungen im grenzüberschreitenden Güterverkehr erzielt.

Nach der Eröffnung des CBT Ende 2020 und der Fertigstellung des 4-Meter-Korridors für den Güterverkehr wird die internationale Güterverkehrsachse durch Gotthard und Ceneri noch viel stärker an Bedeutung gewinnen. Durch den GBT fuhren bisher rund 17.000 Güterzüge, sie waren im Schnitt rund 1.080 Tonnen schwer und 434 Meter lang. In Zukunft wird es möglich sein, über die Flachbahn 750 Meter lange Züge fahren zu lassen und diese ab Ende 2020 mit bis zu 2.000 Tonnen statt wie bisher 1.600 Tonnen zu beladen. Zudem wird die tägliche Kapazität im Güterverkehr von heute 210 auf 260 Trassen gesteigert.

Aber bei den internationalen Zuläufen dauern die Stillstandzeiten der Güterzüge noch lange: Diese betragen in Basel rund 90 Minuten und in Chiasso rund 110 Minuten. Aufgrund von Wartezeiten an der Grenze sowie Fahrzeitverlusten in der Schweiz verlängert sich die Fahrt um bis zu 70 Minuten. Dies ist eines der drängenden Handlungsfelder, das die SBB noch vor der Eröffnung des CBT in Zusammenarbeit mit den Nachbarbahnen lösen will. So ist eine internationale Harmonisierung der Baustellenkoordination und Fahrplangestaltung unabdingbar, um besonders im Güterverkehr eine bedeutende Effizienzsteigerung auf der Nord-Süd-Achse zu erreichen.

Das internationale Cargo-Geschäft mit Ganzzügen im Transit verzeichnete im ersten Halbjahr 2017 eine hohe Nachfrage. Das Schweizer Geschäft hingegen (Wagenladungsverkehr, Import und Export) steht stark unter Druck: So zeigt etwa die Desindustrialisierung der Schweiz im gesamten Logistikmarkt ihre Wirkung. Verstärkt durch den schwachen Euro führen auch diese strukturellen Veränderungen am Markt, zum Beispiel in der Stahlbranche sowie Geschäftsaufgaben von Kunden, zu einem Rückgang im Umsatz. Der generelle Rückgang im Binnenverkehr macht sich auch im Wagenladungsverkehr bemerkbar. Dort hat SBB Cargo einen Umsatzrückgang von etwa 2,5 Prozent zu verzeichnen. Der Rückgang der Schiene ist vergleichbar mit dem Gesamtmarkt, der im Binnenverkehr ebenfalls mit 3 bis 5 Prozent rückläufig war.

Luino-Sperre: Zusätzliche Herausforderung für den internationalen Güterverkehr
Damit die Ausbauten für den 4-Meter-Korridor für den Güterverkehr realisiert werden können, ist die Luino-Achse (Luino–Novara) seit dem Juni 2017 gesperrt. In Absprache mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) werden während dieser Zeit rund 160 Züge über die Lötschberg-Simplonachse via Domosossola umgeleitet. Der italienische Netzbetreiber RFI hat hierfür im Vorfeld Leistungssteigerungen bereitgestellt. SBB und RFI haben gemeinsam ein ausgeklügeltes Bauphasenprogramm abgestimmt, damit auch während der Totalsperre genügend Kapazitäten im gesamten Korridor vorhanden sind.

Nun zeigt sich nach zwei Monaten laufender Sperre, dass sich die Transportnachfrage viel besser entwickelt, als es von den Cargo-EVU erwartet wurde. Durch die hohe Auslastung der Lötschbergachse führt jede Störung im Betriebsablauf zu Rückständen, die nicht mehr zeitgerecht aufgeholt werden können. Für die Cargo-EVU besteht somit das Risiko, Kunden an die Strasse zu verlieren. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat die SBB eine Taskforce eingerichtet, um kurzfristig Lösungen zu erarbeiten und die Situation zu verbessern: Ab September 2017 soll gemeinsam mit RFI auf Bauarbeiten in einzelnen Nächten verzichtet werden, damit eine genügende hohe Anzahl Züge ungehindert via Chiasso verkehren kann. Die SBB passt die bereits geplanten Umbauarbeiten in Chiasso den neuen Bedürfnissen an und verschiebt diese auf einen späteren Zeitpunkt. In den nächsten Tagen finden die dazu notwendigen Abstimmungen statt, um ab Anfang September 2017 die schwierige Situation spürbar zu entspannen. Ob die Bauarbeiten noch weiter eingeschränkt werden müssen, wird aufgrund der Entwicklungen auf dem Korridor laufend geprüft.

Generell treibt SBB Cargo intensiv Automatisierung und Digitalisierung voran, um Kosten zu senken und effizienter zu werden. Dank des Systems ETCS ist es möglich, dass sich die Züge in nur dreiminütigem Abstand folgen, was abermals die Produktivität erhöht.

Für Pendler und Touristen: Nachfrageorientierte Angebotsverbesserungen
Die Passagierzahlen haben auf der Nord-Süd-Achse im Vergleich zur Vorjahresperiode um 30 Prozent zugenommen. Durchschnittlich fahren täglich rund 10.400 Reisende durch den Gotthard-Basistunnel. Gesamthaft wurden seit letztem Dezember schon rund 2,3 Millionen Passagiere gezählt.

Die Anstrengungen der SBB und der italienischen Netzbetreiberin RFI konzentrieren sich auf den Fahrplan der internationalen Züge und die Verbesserung der Pünktlichkeit. Noch immer treffen die Eurocity-Züge aus Mailand teilweise verspätet in Chiasso ein, die Verspätung kann aber dank der Fahrzeitreserven bis Arth-Goldau meist aufgeholt werden. Die Kundenpünktlichkeit für den gesamten Personenverkehr (Fernverkehr und Regionalverkehr in der Region Süd) liegt aktuell bei 87,5 Prozent (2016: 81 Prozent). Die Anschlusspünktlichkeit in Arth-Goldau liegt bei 97,4 Prozent (2016: 94,4 Prozent). Im nationalen Verkehr sind die Auswirkungen auf die Pünktlichkeit dank des im Tessin stationierten Ersatzzuges gering.

Die ersten Betriebsmonate haben aber auch gezeigt, dass einzelne kurzfristige Anpassungen nötig waren: So wurde etwa das Angebot am Sonntagabend vom Tessin in die Deutschschweiz durch zusätzliche Züge verstärkt. Auch reagiert die SBB bei kurzfristig stark erhöhter Nachfrage, die meist auf die Wetterlage – im Norden kühl und nass, im Süden sonnig und warm – zurückzuführen ist, mit einer Verstärkung oder Verdoppelung der Züge. Um sicher einen Sitzplatz zu haben, empfiehlt die SBB in Eurocity- und Intercity-Zügen eine Platzreservation.

Auf der Gotthard-Panoramastrecke ist die Betriebslage stabil: Die neue Panoramareise mit dem Gotthard-Panorama-Express ist erfolgreich gestartet: Rund 8.000 Buchungen wurden bereits für das attraktive Kombi-Angebot aus Panoramazug und Dampfschiff vorgenommen. Der Gotthard-Panorama-Express verkehrt seit Anfang Juli 2017 täglich. Ab Ende 2020 soll die SOB unter anderem die Linie Basel/Zürich–Locarno/Lugano im Auftrag der SBB und im Co-Branding fahren und das Angebot vermarkten. Pendler und Touristen profitieren dann von einer direkten Verbindung zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin über die Gotthard-Panoramastrecke.

Basierend auf den Erfahrungen des ersten Betriebsjahres wird das Angebot auf der Nord-Süd-Achse bereits auf den Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2017 angepasst: Zum Beispiel wird ab Basel und Luzern eine tägliche Frühverbindung via GBT nach Locarno eingeführt, und die zwei am Wochenende ab Erstfeld nach Göschenen verlängerten InterRegio verkehren neu ganzjährig statt nur saisonal. Hier reagiert die SBB nachfrageorientiert und nimmt die Rückmeldungen von Kundinnen und Kunden sowie Interessengruppen wie etwa Pro Bahn ernst. Im internationalen Verkehr wird die trinationale Verbindung Frankfurt–Schweiz–Milano eingeführt. Diese Züge verkehren ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 in Richtung Süden via Luzern durch den Gotthard-Basistunnel und in Richtung Norden durch den Lötschberg-Basistunnel und via Bern.

Bereits seit Juni 2017 verbindet samstags und sonntags auch ein EuroCity-Zug Zürich mit Venedig direkt, ab Ende 2017 fahren die Züge täglich. Ausserdem beabsichtigt die SBB die Einführung einer neuen Schnellverbindung von Zürich nach Milano, mit Halt in Lugano und Como. Derzeit ist ein Konzept für den «Superveloce» in Prüfung, der die Fahrzeit zwischen den beiden Zentren ab der Eröffnung des Ceneri-Basistunnels auf rund 2 Stunden 45 Minuten verkürzen könnte.

Das Anfang Januar 2017 eingeführte Ticino Ticket, das Touristen freie Fahrt mit dem öffentlichen Verkehr im gesamten Kanton sowie Vergünstigungen auf Bergbahnen, Schifffahrt und Hauptattraktionen des Tessins bietet, ist ein Vorbild für andere Regionen und kommt an: Rund 250.000 Personen konnten bisher vom Ticino Ticket profitieren.

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