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Nur Milliarden-Investitionen für ÖPNV sichern Klimaschutz

Berlin, 11.10.2017 (BA/gm)
Die Klimaschutz-Ziele sind in den vom Autoverkehr hoch belasteten Städten und Ballungsräumen nachhaltig nur durch die Verkehrswende mit viel mehr Umsteigern vom Auto in Busse und Bahnen zu erreichen. Dafür muss der ÖPNV dringend ausgebaut und attraktiv gemacht werden, mahnt VDV-Präsident Jürgen Fenske. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) fordert er erhebliche öffentliche Investitionen, insbesondere ein Sonderprogramm der nächsten Bundesregierung mit 15 Milliarden Euro in zehn Jahren. 

Die auf dem Dieselgipfel vor der Bundestagswahl thematisierte Umrüstung der Busse des ÖPNV von Diesel- auf Elektroantriebe sei, so Fenske, eine „Bewegung in die richtige Richtung, aber nur ein halber Schritt“. „Um die Schadstoffbelastungen in den Innenstädten spürbar zu senken, brauchen wir mehr öffentlichen Verkehr in den Großstädten und Ballungsräumen.“ Zwar wachse die Anzahl der Fahrgäste weiterhin – so auch im ersten Halbjahr 2017 wieder um 1,5 Prozent –, doch der VDV-Präsident und Chef der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) hält Wachstumsraten von sechs bis sieben Prozent pro Jahr für realistisch, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Es gebe „Luft nach oben“. Das sei der Fall, wenn mithilfe eines Milliarden-Sonderprogramms Infrastruktur und Verkehrsangebote deutlich ausgebaut und damit attraktiver würden, vor allem im Schienenverkehr mit S-Bahnen, U-Bahnen und Straßenbahnen.

Verkehrsfinanzierung über Jahre vernachlässigt
Zu diesem Finanzierungsprogramm sollten Fenske zufolge auch die Länder mit jährlich 500 Millionen Euro beitragen und die Kommunen die erhöhten Betriebskosten übernehmen, die sich aus steigenden Verkehrsleistungen ergeben. Die Branche wirft der Politik vor, dass sie den ÖPNV über lange Zeit vernachlässigt. Trotz der seit Jahren bekannten Unterfinanzierung insbesondere des ÖPNV auf eigener Schieneninfrastruktur hätten Bund und Länder bei der Neuordnung des Finanzausgleichs die Mittel für kommunale Verkehrsprojekte durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) mit 333 Millionen auf dem Stand von 1997 zementiert. „Die neue Bundesregierung sollte darüber nachdenken, ob sie nicht Geld aus den Mauteinnahmen in den ÖPNV umlenkt – oder auch Mittel aus der nicht abgerufenen Kaufprämie für Elektroautos“, schlug Fenske in der FAZ vor.

Im Vergleich mit europäischen Städten wie Kopenhagen oder Wien zeige sich, dass der ÖPNV hierzulande noch weit von den dort erreichten Verkehrsanteilen entfernt ist. In Wien erreichten Bus und Bahn einen Anteil von 40 Prozent, in Kopenhagen von 38 Prozent. Den höchsten Marktanteil des ÖPNV in Deutschland weise Berlin mit 27 Prozent auf, gefolgt von Frankfurt und Köln. In der Domstadt strebe man wie in der dänischen Hauptstadt an, nur noch ein Drittel des Verkehrs dem Auto zu überlassen, ein weiteres Drittel dem ÖPNV und ein Drittel Fußgängern und Radfahrern. Interessant sei auch, dass man im Ausland neue Finanzierungsquellen für die Verkehrswende erschließe. So erhebe Wien von den Unternehmen eine kommunale Verkehrssteuer, und in Kopenhagen würden Erlöse aus Grundstücksverkäufen in die Finanzierung des Nahverkehrs fließen.

Elektrobus alleine bringt zu wenig für den Klimaschutz
Nachdrücklich warnte Fenske vor übertriebenen Erwartungen, durch einen schnellen und umfassenden Einsatz von Elektrobussen einen maßgeblichen Beitrag für den Klimaschutz erreichen zu wollen. Im Vergleich zum Individualverkehr trage der ÖPNV nur minimal im einstelligen Prozentbereich zu den klimaschädlichen Emissionen im Straßenverkehr bei. Auch wenn die Verkehrsunternehmen immer mehr Busse mit Elektromotoren beschafften und die dafür erforderliche teure Infrastruktur einrichteten, sei allein mit einem Wechsel der Antriebe die Verkehrswende nicht zu schaffen. Der Schlüssel liege bei Milliardeninvestitionen zur Schaffung eines attraktiven Angebots mit dichten Zugfolgen, modernen Fahrzeugen und deutlich erweiterten Netzen.

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