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Gewerkschaften formieren Widerstand gegen 12-Stunden-Tag

Betriebsrätekonferenz in Leonding verabschiedet eine Resolution gegen längere Arbeitszeiten und dadurch drohenden Lohnraub

Linz, 24.06.2018 (BA/gm)
„Wir sprechen uns ausdrücklich gegen den vorliegenden Entwurf zum 12-Stunden-Tag bzw. zur 60-Stunden-Woche aus und fordern alle Parlamentsparteien auf, diesen nicht zu beschließen.“ So lautet der Beschluss der Betriebsrätekonferenz in Leonding am vergangenen Freitag, an der 1.000 Betriebsräte, Jugendvertrauensräte und Personalvertreter aus ganz Oberösterreich in der Kürnberghalle teilgenommen haben.

Sollte die Regierung ihre Pläne tatsächlich umsetzen, werde man auf allen Ebenen Ausgleichsmaßnahmen fordern und durchsetzen, heißt es in der Resolution weiter. Über die betrieblichen Aktionen hinaus werde man gemeinsam mit dem ÖGB für ein soziales und gerechtes Österreich kämpfen sowie mit aller Kraft für kürzere Arbeitszeiten, Wahlrecht zwischen Zeit und Geld und für mehr Planbarkeit in der Arbeitszeit eintreten. 

Kalliauer: „Beschäftigte würden bis zu zwei Milliarden Euro verlieren“
„Wenn die Bundesregierung den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche tatsächlich einführt, dann nimmt sie den Beschäftigten weitere bis zu zwei Milliarden Euro aus den bezahlten Überstunden weg. Viele Menschen in Österreich würden damit Geld verlieren, für das sie derzeit hart arbeiten“, warnt der ÖGB-Landesvorsitzende, AK-Präsident Johann Kalliauer, vor drohendem Lohnraub. Er weist darauf hin, dass die österreichischen Arbeitnehmer schon jetzt jährlich eine Viertel Milliarde Über- und Mehrarbeitsstunden leisten.

Die Versprechen der Regierung, dass für die etwa eine Million Beschäftigten, die in Gleitzeit arbeiten, keine Zuschläge wegfallen würden, sind, so Kalliauer, ein Märchen. „In Zukunft kann bei Gleitzeit fünf Mal pro Woche zwölf Stunden zuschlagsfrei gearbeitet werden – bisher gab es für die elfte und zwölfte Stunde, die per Betriebsvereinbarung möglich sind, hohe Zuschläge“, stellt der ÖGB-Landesvorsitzende klar. Das Argument, dass bei angeordneten Überstunden trotzdem Zuschläge fällig sind, lässt Kalliauer nicht gelten: „Das geht völlig an der gelebten Realität in den Betrieben vorbei.“

Neben den finanziellen Auswirkungen für die Arbeitnehmer stehe auch die Gesundheit auf dem Spiel. „Länger zu arbeiten verursacht Müdigkeit, wodurch erwiesenermaßen mehr Unfälle passieren. Ab der zehnten Stunde geschehen die meisten Arbeitsunfälle, und ab der zwölften Stunde wird auch der Heimweg zur Gefahr“, sagt Kalliauer. Zudem steige bei regelmäßigen Arbeitswochen von mehr als 40 Stunden auch das Burn-out-Risiko. Es sei nun auch Zeit geworden, Aktionen in der Öffentlichkeit zu setzen. „Wir müssen und werden dieser arbeitnehmer-feindlichen Politik entschieden entgegentreten“, so Kalliauer.

Wimmer: „Das wird kein Lüfterl, das wird ein Sturm!“
„Der Angriff auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die schwarz-blaue Regierung wird von uns mit aller Kraft abgewehrt. Ab jetzt werden wir in Betriebsversammlungen unsere Kollegen informieren und mit ihnen die weitere Vorgehensweise beraten“, betont Rainer Wimmer. Und weiter: „Die Betriebsrätekonferenz hat uns gezeigt, dass Solidarität und Kampfbereitschaft hoch sind. Die Regierung und auch die Besteller der derzeitigen Politik – die Unternehmer – können sich auf massiven Widerstand einstellen. Das wird kein Lüfterl, das wird ein Sturm!“

„Die Regierung zielt auf das Geldbörsel der Arbeitnehmer ab, schränkt ihr Privat- und Familienleben ein und gefährdet ihre Gesundheit. Und das alles nur, weil die ÖVP ihre Wahlkampfspender zufrieden stellen muss“, so der PRO-GE-Vorsitzende. Derzeit setzen ÖVP und FPÖ auf Propaganda, um die drastischen Auswirkungen ihres Gesetzesvorschlags zu verschleiern. „Der vorliegende Initiativantrag hält in keiner Weise, was die Regierung verspricht. So ist von Freiwilligkeit bei den Überstunden keine Rede, und die Überstundenzuschläge sind in Gefahr“, erläutert Wimmer. „Eindeutig ist aber das Ansinnen, Betriebsräte und somit das Mitbestimmungsrecht der Arbeitnehmervertreter zurückzudrängen. Künftig werden die Beschäftigten alleine mit ihrem Vorgesetzten aushandeln müssen, ob sie Überstunden leisten können oder nicht. Wer dann am längeren Ast sitzt, ist absehbar“, sagt Wimmer.

Lohnerhöhungen reichen nicht
Er verweist weiterhin darauf, dass man in der bevorstehenden Herbstlohnrunde alles daransetzen wird, über die Kollektivverträge die drohenden gesetzlichen Verschlechterungen abzufedern. „Mit Lohnerhöhungen allein werden wir uns diesmal nicht zufriedengeben. Jetzt geht es um mehr: Um das Verteidigen jener Rechte, die in den letzten hundert Jahren hart erkämpft wurden.“

Sternmarsch am 26. Juni 2018 in Linz, Großdemo am 30. Juni 2018 in Wien
Neben Resolutionen, die derzeit quer durch alle Bundesländer beschlossen werden, sind auch Demonstrationen gegen die Regierungspläne fixiert. So findet am kommenden Dienstag, 26. Juni 2018, ab 13 Uhr ein „Sternmarsch für ein soziales Österreich“ vom Linzer Hauptbahnhof sowie Einrichtungen der Sozialversicherung zur Wirtschaftskammer und dann weiter zum oö. Landhaus statt. Die derzeit größte geplante Demonstration findet am Samstag, 30. Juni 2018, unter dem Motto „Nein zum 12-Stunden-Tag“ in Wien statt.

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