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SPNV-Qualitätsbericht: 2018 gab es Verschlechterungen bei den Hauptkriterien

Hauptursachen sind die steigende Anzahl an Baustellen, eine überlastete Schieneninfrastruktur und Probleme bei der Fahrzeugverfügbarkeit

Köln, 08.06.2019 (BA/gm)
Einmal jährlich legt der Nahverkehr Rheinland (NVR) einen SPNV-Qualitätsbericht vor. Dieser hilft dabei, die Entwicklungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) nachzuvollziehen, Hintergründe zu erkennen und Handlungsansätze für die Zukunft zu skizzieren. In 2018 hat es zwar Fortschritte beim Fahrzeugzustand und eine Verbesserung des Sicherheitsgefühls in den Fahrzeugen gegeben. Bei den zentralen Kriterien der Angebotsqualität sind hingegen spürbare Verschlechterungen zu verzeichnen. Dies gilt sowohl für Zugausfälle, Pünktlichkeit als auch für die Kapazität. 

Zunehmend gibt es Probleme, den Bahnbetrieb stabil zu halten. Gründe hierfür sind vor allem eine nicht mehr ausreichend bemessene Bahninfrastruktur und die weiter steigende Anzahl von Baustellen. Immer häufiger kommt es zu überfüllten und verspäteten Zügen. Dies liegt auch daran, dass es die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) immer häufiger nicht mehr schaffen, die vertraglich vereinbarten Mindestkapazitäten auf die Gleise zu bringen: Der Ausfall der Sitzplatzkapazitäten ist bereits im dritten Jahr hintereinander angestiegen. Auf den RegionalExpress (RE) -Linien fielen 2,7 Prozent der Sitzplatzkapazitäten aus (2017: 2 Prozent), auf den RegionalBahn (RB)-Linien 2,4 Prozent (2017: 1,5 Prozent) und auf der S-Bahn 2,3 Prozent (2017: 1,1 Prozent). Diese Kapazitätsausfälle wurden meist durch eine mangelnde Fahrzeugverfügbarkeit verursacht, beispielsweise durch verunfallte Fahrzeuge auf den Linien RE 7, RB 48 und im vareo-Netz.

Vielzahl von Gründen sorgt für unpünktliche Züge
Für Verspätungen im Nahverkehr sorgen neben Überholungen durch den Fern- und Güterverkehr unter anderem Trassensperrungen aufgrund von Personenunfällen oder anderen Ursachen sowie Langsamfahrstellen, Baustellen und die Störungsanfälligkeit bestimmter, stark belasteter Streckenabschnitte. Ebenso spielen die durch die hohe Auslastung der Züge bedingten längeren Fahrgastwechsel eine große Rolle. Besonders betroffen sind hier die langlaufenden Regionalexpress (RE)-Linien RE 1, RE 5, RE 6 und RE 7. Insgesamt haben sich die RE-Linien auf etwa 3 Minuten 20 Sekunden verschlechtert (2017: 3:13 Minuten). Bei den Regionalbahnen liegt die durchschnittliche Verspätung bei 2 Minuten 7 Sekunden (2017: 1:49 Minuten). Bei den S-Bahnen hat die durchschnittliche Verspätung um etwa 12 Prozent zugenommen: von 1 Minute 16 Sekunden auf 1 Minute 25 Sekunden. Die Pünktlichkeit der Züge im NVR-Gebiet hat im Jahr 2018 insgesamt erneut deutlich abgenommen: Im Durchschnitt aller Fahrten kam eine Verspätung von 2 Minuten und 15 Sekunden zustande. Dies entspricht einem Anstieg um gut sieben Prozent im Vergleich zu 2017 (2 Minuten und 6 Sekunden).

„Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass wir eine Verbesserung nur durch einen erheblichen Ausbau der Infrastruktur erreichen können. Daher freut es uns, dass wir Anfang dieses Jahres durch die Unterzeichnung von weiteren Planungsvereinbarungen für den Ausbau des Kölner Bahnknotens einen wichtigen Schritt weiter gekommen sind“, so NVR-Geschäftsführer Heiko Sedlaczek. „Abgesehen vom notwendigen Infrastrukturausbau müssen wir SPNV-Aufgabenträger uns fragen, welche Stellschrauben wir haben, um eine höhere Qualität zu erzeugen. Dies betrifft beispielsweise eine deutlich höhere Vorgabe an Reservefahrzeugen, das Nichtzulassen von planmäßigen Kurzwenden oder auch das Unterlassen der Integration neuer Halte, die nicht bereits gesetzt sind, in einen eh schon angespannten Fahrplan. Dies wird zwar erhebliche Finanzmittel binden. Das sollte uns eine Verbesserung der Qualität aber auch wert sein.“

Zahl der Zugausfälle unterschiedlich ausgeprägt
Bei den Zugausfällen konnte sich lediglich der Bereich der S-Bahnen stabilisieren. Hier stieg die Ausfallquote von 3,2 Prozent in 2017 nur leicht auf 3,5 Prozent an. Bei den RE-Linien kam es zu einem Sprung auf 8,3 Prozent (2017: 6,3 Prozent). Der größte Anstieg ist jedoch bei den RB-Linien zu verzeichnen. Nachdem 2016 noch eine Verbesserung gemessen wurde, kam es diesmal zu einem Anstieg von 3,5 Prozent in 2017 auf 9,7 Prozent in 2018. Zurückzuführen sind die Werte bei den baustellenbedingten Ausfällen vor allem auf die Baumaßnahme zwischen Aachen-West und Rheydt. Bei dieser wurden an mehreren Bahnhöfen die Bahnsteige umgebaut. Besonders betroffen waren zudem die Fahrgäste im Oberbergischen: Hier gab es bei der RB 25 eine Totalsperrung aufgrund von Brückenbauarbeiten zwischen Juni und September. Auf der Siegstrecke sind die Ausfälle aufgrund von zwei Böschungsbränden im Raum Siegburg hervorzuheben.

Entwicklung der Fahrgastzahlen
Trotz der knappen Kapazitäten kam es in 2018 erneut zu einem leichten Anstieg der Fahrgastzahlen. Die Nachfrage stieg im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um knapp ein Prozent an. Dies bedeutet insgesamt einen Wert von durchschnittlich 436.000 Einsteigern an den Werktagen. Der stärkste Zuwachs ist bei den S-Bahnen zu verzeichnen. Der Wert stieg im letzten Jahr um 1,76 Prozent. Bei den RB-Linien kam es hingegen zu einem leichten Rückgang um 0,75 Prozent.

Personalbesetzung wichtig fürs Sicherheitsempfinden
Das Zugpersonal hat hohen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste. Abends und nachts ist für alle Linien Besetzung mit Personal vorgesehen. In kritischen Lagen oder an Wochenenden sind oft zwei Zugbegleiter oder Sicherheitspersonale im Einsatz. Werden die vertraglichen Vorgaben nicht erfüllt, verhängt der NVR wie auch bei anderen Vertragsverstößen finanzielle Sanktionen. Die Aktivitäten des NVR in diesem Bereich machen sich mittlerweile messbar bezahlt. Laut dem alle zwei Jahre erscheinenden NVR-Kundenbarometer hat sich die subjektive Sicherheit in den Fahrzeugen nach und nach verbessert. Grund dafür sind unter anderem die mittlerweile in vielen Zügen angebrachten Videoanlagen und die Bodycams beim Sicherheitspersonal. Bis auf den RE 22 mit 88,15 Prozent befinden sich alle Linien im Bereich über 90 Prozent.

Kundendialog: Zahl der Fahrgastbeschwerden steigt weiter an
Mit dem NVR-Kundendialog gibt es ein wichtiges Instrument, um den Fahrgästen die Möglichkeit zu geben, auf Mängel und Probleme im Schienenpersonennahverkehr hinzuweisen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschwerden um mehr als das doppelte auf 2.504 (2017: 1.116 gestiegen). Für diesen Anstieg ist neben der Verschlechterung der Betriebsqualität die Einführung eines neuen Mediums zu sehen: Besonders stark für Beschwerden genutzt wurde das erst 2017 installierte Feedback-Formular in der VRS-App. Diese digitale Funktion, mit der unkompliziert von unterwegs mit dem Smartphone Anregungen und Kritik geäußert werden können, machte in 2018 einen Anteil bei den Eingaben von 57,87 Prozent aus. Am häufigsten wurden die vareo-Linien RE 22, RB 24 und RB 25 kritisiert. Moniert wurden vor allem die Verspätungen. Zudem beschwerten sich die Fahrgäste darüber, dass nicht die bestellten Fahrzeugkapazitäten zur Verfügung gestellt wurden.

Probleme mit Türen und Toiletten
Auch im letzten Jahr zeigte sich die positive Wirkung des konsequenten Qualitätscontrollings des NVR beim Zustand der Fahrzeuge. Bei den Fahrten mit defekter Toilette ist der Gesamtwert weiter gefallen, allerdings gibt es einzelne Linien, bei denen der Wert leicht angestiegen ist. Beim RE 9 bleibt die Problematik mit 2,9 Prozent trotz deutlicher Verbesserungen ausgeprägt. Bei den Störungen an der Klimatisierung haben sich die vareo-Linien wieder stabilisiert und es ist insgesamt bis auf die S 23 ein positiver Trend feststellbar. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Störungen am Fahrgastinformationssystem. Ein generell zunehmendes Problem ist die mutwillige Beschädigung durch Vandalismus. Zwar sind die Werte, außer beim RE 12, besser als im Vorjahr, allerdings sind sie relativ hoch im Vergleich zu den anderen Fahrzeugzustandskriterien. Übertroffen werden diese schlechten Werte nur noch von den Störungen an mindestens einer Außentür. Beim RE 9 hat sich die Anzahl der Störungen zwar weiter verringert, sie liegt aber immer noch bei 4,8 Prozent. Den schlechtesten Wert weist die RB 25 mit 5,3 Prozent auf.

Den kompletten Qualitätsbericht finden Sie im Internet.

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