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Kohlekompromiss von heute ist für die Bahn Energiepolitik von vorgestern

Oder: Wie hängt die Inbetriebnahme von „Datteln 4“ mit Stuttgart 21 zusammen?

Berlin, 18.01.2020 (BA/gm)
Die am vergangenen Donnerstag im Bundeskanzleramt erzielte „Einigung“ in Sachen Kohleausstieg wird als Konkretisierung der Vereinbarungen der Kohlekommission ausgegeben. Das ist falsch. Im Januar 2019 wurde vereinbart, dass bei „bereits gebauten, aber noch nicht in Betrieb befindlichen Kraftwerken“ eine Lösung anzustreben sei, um diese „nicht in Betrieb zu nehmen“. Das traf nur zu auf das Steinkohlekraftwerk Datteln 4, das in erheblichem Maß Strom für die Bahn liefern soll.

Faktisch wurde am vergangenen Donnerstag beschlossen: Datteln 4 geht in Betrieb. Damit wird das Klima auf Jahrzehnte massiv durch zusätzliche Treibhausgas-Emissionen belastet. Laut BUND sind dies selbst dann, wenn alte Kraftwerksblöcke stillgelegt werden „pro Jahr Kohlendioxid-Mehremissionen von rund 2 Millionen Tonnen – eine große Hypothek im enger werdenden klimapolitischen Korsett“. 

Die Deutsche Bahn hat sich durch langfristige Verträge verpflichtet, von Datteln 4 bis zu 40 Prozent der Stromleistung abzunehmen – für die gesamte Laufzeit des Kraftwerks, also für rund vier Jahrzehnte! Dazu erklärt Dr. Winfried Wolf von Bürgerbahn statt Börsenbahn: „Die Inbetriebnahme von Datteln 4 mit einer langfristigen Lieferung von Bahnstrom widerspricht der Zielsetzung der Bahn „100 Prozent Ökostrom“.

Zusammen mit der Umweltbewegung und Fridays-for-Future fordern wir: Datteln 4 darf nicht in Betrieb gehen. Die Deutsche Bahn AG muss offen erklären, dass sie aus den entsprechenden Stromlieferverträgen aussteigen wird – gegebenenfalls bei Bezahlung von Vertragsstrafen.“ Im Übrigen ist die Rolle von Ronald Pofalla in dem gesamten Komplex mehr als schillernd. Pofalla war Merkels Mann fürs Grobe. Er ist Teil der NRW-CDU. Er war Vorsitzender der Kohlekommission. Und er ist im DB-Vorstand für Stuttgart 21 verantwortlich.

Zwischen Datteln 4 und Stuttgart 21 gibt es interessante Parallelen: Beides sind klimaschädliche Groß-projekte. In beiden Fällen ist es gerechtfertigt, die Projekte aufzugeben und die bereits getätigten Investitionen (bei Datteln 1,5 Mrd. Euro; bei S21 3 Mrd. Euro) abzuschreiben, weil höhere Zielsetzungen verletzt werden.

Die bei Datteln 4 zu erwartende richtige Entscheidung auf Nichtinbetriebnahme wäre ein Signal für ein Aus bei Stuttgart 21 gewesen. Wollten Merkel und Pofalla ein solches Signal partout vermeiden?

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