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Abellio zweifelt termingerechte Lieferung des Fahrzeugherstellers Bombardier an

Schleppende Produktionsfortschritte wecken Befürchtungen, dass zugesagter Liefertermin Anfang Juni erneut nicht eingehalten wird • Abellio-Chef Rolf Schafferath: „Eine Nachlieferung aller 22 ausstehenden Fahrzeuge bis Juni 2020 ist unrealistisch.“ • Verkehrsministerium Baden-Württemberg und Abellio fordern die Vorlage eines verbindlichen Lieferplans bis zum Monatsende

Stuttgart, 25.01.2020 (BA/gm)
Die Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH (ABRB) wartet nach wie vor auf die Nachlieferung von 22 Talent 2-Fahrzeugen des Herstellers Bombardier. Ausgeliefert wurden bislang lediglich 19 Triebzüge. Laut Liefervertrag sollten es bis Dezember 2019 jedoch bereits 41 Züge sein. Noch ausstehend ist auch die Zulassung der Züge in Dreifach- und Mischtraktion, die ursprünglich ebenfalls zum Jahreswechsel hätte vorliegen müssen. Bombardier sagte eine vollständige Nachlieferung und Zulassung der fehlenden Triebzüge bis Juni 2020 zu. Auch sollen bis dahin weitere sieben Züge für die dritte Inbetriebnahmestufe im Stuttgarter Netz/Neckartal an Abellio übergeben werden. Abellio hegt jedoch große Zweifel an der Einhaltung dieses Liefertermins – zu gering sind die aktuellen Produktionsfortschritte bei Bombardier. 

„Ausgehend von der Produktionsdokumentation sowie den Eindrücken, die wir vom Fortgang der Fertigung bei Bombardier gewonnen haben, halten wir eine vollständige Nachlieferung der noch ausstehenden 22 Talent 2-Fahrzeuge bis zum Juni für unrealistisch“, sagt Rolf Schafferath, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH. „Um den Betrieb auf unseren gegenwärtigen und zukünftigen Linien unabhängig vom tatsächlichen Lieferumfang stabil zu halten, arbeiten wir bereits an einem weiteren Ersatzkonzept. Unterstützt werden wir dabei durch das Landesverkehrsministerium“, ergänzt Schafferath. Basis für die weitere Planung muss ein verbindlicher und realisierbarer Lieferplan sein, den Bombardier nun bis Ende Januar zugesagt hat.

Mehrfach hat der Hersteller für Bahntechnik im vergangenen Jahr Lieferzusagen nicht eingehalten und den Start von Abellio in Baden-Württemberg damit erheblich erschwert: Im Juni 2016 hatte Abellio im Auftrag des Landes Baden-Württemberg 43 Talent 2-Triebzüge für das Stuttgarter Netz/Neckartal beim Fahrzeughersteller Bombardier nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren bestellt. Fünf zusätzliche Züge wurden im April 2017 nachbestellt und vier weitere dann im Mai 2018. Im Verkehrsvertrag zwischen Land und Abellio war eine Option auf Bestellung von weiteren Fahrzeugen vereinbart worden, die damit realisiert wurde. Die insgesamt 52 Triebfahrzeuge sollten/sollen vom Hersteller Bombardier in gestaffelter Weise – orientiert an den Betriebsaufnahmen von Abellio im Netz – ausgeliefert werden. Bis Juni 2019 sollten 16 fünfteilige Fahrzeuge übergeben werden, bis Dezember 2019 25 dreiteilige Züge. Bis Juni 2020 sollen noch einmal weitere sieben hinzukommen. Die restlichen vier Fahrzeuge sollen im Herbst 2020 folgen.

Im Februar 2019, nur rund vier Monate vor Betriebsstart, räumte Bombardier erstmals offiziell ein, dass es zu einem Lieferverzug kommen wird. Von 16 Neufahrzeugen für die erste Betriebsstufe von Abellio sollten nunmehr nur zehn fristgerecht geliefert werden. Im April reduzierte sich die Anzahl der lieferbaren Züge erneut – auf sechs. Im Mai erklärte Bombardier, bis Anfang Juni 2019 lediglich zwei einsatzbereite Züge liefern zu können. Diese beiden Fahrzeuge wurden – mit rund fünf Monaten Verspätung – nur wenige Tage vor Betriebsstart am 9. Juni 2019 an Abellio übergeben. Dreizehn der fehlenden Neufahrzeuge sollten nun bis Anfang August nachgeliefert werden. Der letzte Fünfteiler sollte im Dezember 2019 kommen. Im Juli erklärte Bombardier wiederum bis Anfang September nur noch elf Fahrzeuge zu liefern. Zum 9. September lieferte der Hersteller schließlich acht Triebzüge aus, so dass Abellio insgesamt zehn Neufahrzeuge zur Verfügung standen. Gerade genug, um den Grundtakt auf den Linien RB 17a/c sowie RE 17b umzustellen und somit den Herbstbetrieb sichern zu können. Zwei weitere Fahrzeuge folgten bis Ende September. Die Lieferung der vier verbleibenden Fahrzeuge für die erste Betriebsstufe von Abellio steht nach wie vor aus.

Auch die Zahl der lieferbaren Züge für die zweite Betriebsstufe von Abellio reduzierte sich im Laufe der Zeit sukzessive. Im Mai wurde seitens Bombardier auch hier ein Lieferverzug bekanntgegeben. Statt 25 neuer Triebzüge sollten Abellio bis zum Betriebsstart am 15. Dezember 2019 nur noch 18 Dreiteiler fristgerecht übergeben werden. Tatsächlich geliefert wurden bis zum Stichtag sechs Fahrzeuge. Ein weiteres kam bis zum Jahresende hinzu. Drei Züge sollen bis Ende Februar 2020 folgen.

Die bis dato gelieferten Fahrzeuge entsprechen nicht den bestellten Anforderungen – vor allem, was die Fahrzeugsoftware anbelangt – und weisen zudem einige technische Mängel auf, was vor allem im Herbst vergangenen Jahres eine Reihe betrieblicher Störungen verursachte.

Als Grund für den Lieferverzug nennt der Fahrzeughersteller nach wie vor die Einbindung neuer europäischer Normen und Standards in die Fahrzeug-Software. Laut Bombardier ist es nicht gelungen, alle Softwareanforderungen für die Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt im Rahmen des Zeitplans zu integrieren. Daraus resultierten schließlich Verzögerungen im Produktionsablauf.

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