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DB-Verluste: Corona-Pandemie kann diese Zahlen nicht erklären

Güterbahnen sehen fehlenden Reformwillen des Bundes als Kernproblem

Berlin, 26.03.2021 (BA/gm)
Die Deutsche Bahn AG hat am gestrigen Donnerstag ihren tiefrot gefärbten Geschäftsbericht für 2020 vorgelegt. Politisches Desinteresse und die fehlenden Selbstheilungskräfte des Unternehmens beschädigen die Rolle der Eisenbahn für die Verkehrswende insgesamt. Die Pandemie ist keine taugliche Ausrede.

Das DB-Management hat der nächsten Bundesregierung ein ökonomisches Kuckucksei ins Nest gelegt. Ein Gewinnrückgang um mehr als sechs Milliarden Euro ist keine unausweichliche Folge der Corona-Pandemie, sondern in erster Linie ein Mix aus verschleierten Fehlinvestments und sinkender Produktivität. Der DB-Vorstand hat mit Billigung der Bundesregierung nach dem abgesagten Börsengang vor gut einem Jahrzehnt die Internationalisierungs- und Diversifizierungsstrategie von Hartmut Mehdorn fortgesetzt – allerdings ohne Fortune. Ökonomische Zeitbomben wie Stuttgart 21, der Arriva-Erwerb und weitere defizitäre Beteiligungen belasten auch in Zukunft die Bilanz. Grundlegend negativ wirken vor allem die seit Jahren im Vergleich zu den maßgeblichen Personalaufwendungen schwächer steigenden Erlöse. 

NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger: „Management und die Hausgewerkschaft EVG konzentrieren sich auf Besitzstandswahrung. Klimafreundlichkeit ist der zentrale politische Grund, auf die Eisenbahn zu setzen. Unabhängig von Corona mangelt es aber an Qualität und Effizienz. Derzeit erkauft sich die Regierung politische Ruhe und Zeit mit Steuergeldern, die zu einem erheblichen Teil nicht-investiv eingesetzt werden.“ Wir wagen die Prognose, dass der wachsende und aktuell mit Corona bemäntelte Bedarf der DB an Geldspritzen der öffentlichen Hand in Kürze an Grenzen stößt.

Der Verband bekräftigt seine Kritik an Wettbewerbsverzerrungen. Der neue Rekordverlust bei DB Cargo in Höhe von 728 Mio. Euro ist das sechste negative Ergebnis der Sparte in Folge. Alleine mit Umsatzausfällen aus den Corona-Lockdowns ist die Verlustverdoppelung nicht erklärbar. Offensichtlich ist hier eine „Bad Bank“ mit zu niedrigen Preisen im Markt unterwegs, die damit den Wettbewerb schädigt. Das Management scheint sich darauf zu verlassen, den vertraglich fixierten Verlustausgleich durch den Konzern in Anspruch zu nehmen, der wiederum auf die Eigenkapitalspritze des Bundes spekuliert. Dass gleichzeitig – und das im Pandemiejahr – die DB Netz AG einen Überschuss von 402 Mio. Euro fast ausschließlich aus Trassenentgelten generieren kann, ist ebenfalls ein Fall für Brüssel. Denn ein guter Teil der für alle Güterbahnen gleichermaßen zu hohen Trassenentgelte treibt die roten Zahlen bei DB Cargo. Westenberger: „So trocknet man die Wettbewerber langsam aus.“

Selbst wenn unterstellt wird, dass die DB über Rückstellungen die Bilanz 2020 besonders dramatisch gestaltet hat, wird für die DB nach Einschätzung des Verbandes der Güterbahnen 2021 strukturell noch schlimmer als 2020 werden, selbst wenn die Pandemie im Spätsommer Geschichte wäre. Westenberger: „Ursachen, Lage und Perspektiven schätzen wir ganz ähnlich ein wie es der gestern vorgelegte „Alternative Bericht“ getan hat. Anders als „Bahn für alle“ können wir aber einen zu geringen Einfluss des Staates bei der DB beim besten Willen nicht erkennen.“

Das Beispiel der Aktiengesellschaft Deutsche Bahn zeigt, dass man ein – nach Rechtsform und Satzung – ausschließlich an der Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen immer weiter schwächen kann – wenn der Eigentümer dies zulässt. Die auf Betreiben der SPD im Koalitionsvertrag 2018 angekündigte „Verpflichtung“ der Vorstände auf die Erfüllung volkswirtschaftlicher Ziele hat entweder nicht stattgefunden oder keine Früchte getragen. Für die Politik ist „Corona“ nun eine willkommene Entschuldigung. Dabei kann der Staat kaum noch mehr Führungskräfte in die Leitungsgremien entsenden: drei der sieben Vorstandsmitglieder haben jeweils viele Jahre vor ihrer jetzigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst verbracht. Im Aufsichtsrat des Unternehmens wird der Eigentümer Bund neben dem Vorsitzenden, dem ehemaligen Staatssekretär Michael Odenwald, durch drei Staatssekretäre, drei Bundestagsabgeordnete, eine Vorständin der staatlichen kfW – und zwei Unternehmensberater vertreten. In der Hauptversammlung sitzt der Bundesverkehrsminister allein.

Westenberger abschließend: „Der Bericht zeigt, dass es höchste Eisenbahn für eine unabhängige Analyse der auf den Prellbock gefahrenen Bahnreform von 1994 ist. Geeignete unterschiedliche Rahmenbedingungen für die gemeinwirtschaftlichen Infrastrukturaufgaben des Staates und für Verkehrsunternehmen sind prioritär. Der Reformunwille des Bundes in der Eisenbahnpolitik wie auch bei der Herstellung geeigneter Wettbewerbsbedingungen zur Straße wirkt sich fatal auf die Klimaschutzziele aus.“

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