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Stillstand vor Kestert: Schieneninfrastruktur braucht besseres Krisenmanagement

Berlin, 14.04.2021 (BA/gm)
Seit einem Monat fahren keine Züge mehr zwischen Kaub und Kamp-Bornhofen im Rhein-Lahn-Kreis südlich von Koblenz. Binnen einer Februarwoche fuhren dort noch 1.108 Züge des Güter- und des Personennahverkehrs. Nach einem Felssturz bei Kestert wurde die Strecke am 15. März gesperrt und damit die rechtsrheinische Hauptschlagader des Schienengüterverkehrs zwischen den sogenannten ARA-Häfen und Süddeutschland sowie den südlichen Nachbarn Deutschlands abgeklemmt.

„Das Krisenmanagement bei Störungen im Eisenbahnverkehr muss auf den Prüfstand“ schlussfolgern die Güterbahnen, nachdem in den beiden Osterwochen die Sicherung des abgestürzten Felshangs „offenbar die einzige Baustelle war, an der gearbeitet wurde.“ sagte der Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen, Peter Westenberger, in Berlin. 

Die Güterbahnen hatten von der DB Netz AG als Infrastrukturbetreiber bereits Ende März verlangt, zusammen mit den Betreibern von Nah- und Fernverkehren mehr Kapazität auf der linksrheinischen Bahnstrecke zu schaffen, statt viele Güterzüge jeden Tag über lange Umwege durch das hessische Bergland oder entlang der Mosel oder in Einzelfällen noch großräumiger umzuleiten. Die Umleitungen sind nicht nur kostenträchtig, sondern bringen vor allem die Fahrpläne für die industriellen Kunden der Güterbahnen unter Druck.

Westenberger: „Abgesehen davon, dass die DB Netz die von ihr ausgegebenen Umleitungsfahrpläne für die einzelnen Güterzüge in der Region etwas geschmeidiger erstellt, ist sonst nichts passiert.“ Zugleich will DB Netz weiterhin nicht sagen, wann mit der Inbetriebnahme zu rechnen ist und macht dafür ohne nähere Angaben die Hangsicherungsarbeiten verantwortlich. Westenberger: „Wir fragen uns, wieso gleichzeitig in den Medien die Wiedereröffnung der 15 Meter hinter der Bahnstrecke gelegenen und ebenfalls vom Hangrutsch betroffenen Bundesstraße 42 für kommenden Montag angekündigt werden kann?“

Die Güterbahnen haben nun die Bundesnetzagentur gebeten, darzulegen, wie sie mit Hilfe des Eisenbahnregulierungsgesetzes den gesetzlich gewährleisteten Netzzugang für die Güterbahnen und eine befristete effiziente Verteilung der Schienenkapazität auf der linken Rheinstrecke sicherstellen will. Westenberger: „Die Regulierungsbehörde hat zwar schnell reagiert und ein Verfahren eingeleitet, in drei Wochen wurden aber nur ein paar Schriftstücke zwischen Bonn und Frankfurt hin und her geschickt. Für schnelles Krisenmanagement bei Großstörungen gibt es im Eisenbahnregulierungsgesetz keine geeigneten Vorschriften.“

Die Güterbahnen haben daher die Angelegenheit auch auf die Ebene der Europäischen Union gehoben. Ähnlich wie bei der Sperre nach dem Tunneleinsturz von Rastatt 2017 sind die Verkehrsströme in fünf Ländern davon beeinträchtigt, dass in Deutschland ein Felssturz über eine einzelne Bahnstrecke geht.

„In solch schwerwiegenden Fällen einer europaweiten Störung sollte automatisch das internationale Contingency-Management-Verfahren ausgelöst werden.“ – betont UIRR-Präsident Ralf-Charley Schultze. Während Fahrgäste relativ einfach von einem Zug auf einen Bus umsteigen können, um einen gestörten Streckenabschnitt zu umgehen, steht diese Möglichkeit den Güterzügen nicht zur Verfügung. Daher sollten alle verfügbaren Umleitungs-Trassen auch den Güterverkehrskunden zur Verfügung stehen. Benachbarte Schienengüterverkehrskorridore sollten rechtzeitig alarmiert werden und konzertierte Anstrengungen unternommen werden, um den Fluss des Schienengüterverkehrs mit dem geringsten Maß an Störungen zu ermöglichen.

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