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Das Projekt Straßenbahn Darmstadt – Weiterstadt

Darmstadt, 18.07.2021 (BA/gm)
Der Verkehr zwischen Darmstadt und Weiterstadt nimmt zu. In Zeiten von Klimawandel und schlechter Luftqualität in den Städten heißt das Ziel: Mobilität soll nachhaltig sein und der öffentliche Verkehr in der Region soll ausgebaut werden. Eine Straßenbahn vom Darmstädter Hauptbahnhof über die Waldkolonie, Riedbahn, durch die Weiterstädter Innenstadt zum Bahnhof Weiterstadt bis nach Braunshardt kann einen wichtigen Beitrag für eine umweltfreundliche Mobilität leisten. Zudem ist eine Straßenbahnanbindung leistungsfähiger, komfortabler und schneller als eine Verbindung mit Bussen.

Eine erste Untersuchung hat ergeben: Eine solche Straßenbahn ist machbar. Eine Förderung durch Bund und Land, die den Großteil der Kosten abdecken würde, ist möglich. Weitere Untersuchungen laufen bereits bzw. sind noch zu beauftragen. Danach entscheiden der Landkreis und die beiden Städte über das Projekt. 

Das Projekt im Überblick
Straßenbahnen sind dann eine gute Lösung, wenn viele Menschen in einem dicht besiedelten Gebiet befördert werden sollen. Gleich ob zum Arbeitsplatz, zur Schule, zum Shopping oder zu sonstigen Freizeitaktivitäten. Das ist hier der Fall: Entlang der Strecke wohnen viele Menschen und dort befinden sich Einkaufszentren, Schulen, Bahnhöfe und Bürogebäude. Im Vergleich zu den bestehenden Busverbindungen würde eine Straßenbahn den öffentlichen Nahverkehr komfortabler, ökologischer und effizienter im Vergleich zur heutigen Situation machen.

Besonders förderungswürdig sind Straßenbahnprojekte, wenn sie möglichst vielen Menschen einen besseren öffentlichen Nahverkehr bieten. Im Rahmen einer Machbarkeitsuntersuchung wurden sechs unterschiedliche Trassenverläufe (Varianten) im Hinblick auf Kosten und Nutzen untersucht.

Allen sechs Varianten der Machbarkeitsstudie gemeinsam ist der Trassenverlauf in Darmstadt: Sie starten am Darmstädter Hauptbahnhof, überqueren die Eisenbahnstrecke und verlaufen dann über den Dornheimer Weg in die Rabenaustraße. Geplant ist dann ein Verlauf entlang der Michaelisstraße. Anschließend geht es über die Mainzer Straße Richtung Riedbahn. Durch die für das Jahr 2030 vorgesehene Räumung der Starkenburgkaserne entstehen zusätzliche Möglichkeiten der Stadtentwicklung. Alle Varianten verbinden den Darmstädter Hauptbahnhof mit dem Weiterstädter Bahnhof. Und alle Varianten enden in Braunshardt südlich der Eisenbahnstrecke.

Unterschiedliche Verläufe gibt es in Weiterstadt: Südlich, nördlich des Kernortes oder über die zentral gelegene Darmstädter
Straße. Letzteres ist aus Sicht der verkehrlichen Wirkung die beste (Vorzugs-)Variante, denn sie bindet nicht nur deutlich mehr Einwohner*innen an, sondern auch die Weiterstädter Mitte samt Bürgerzentrum und Stadtbücherei im Medienschiff. So ermöglicht sie eine Neugestaltung in der Stadtmitte.

Weitere Unterschiede betreffen den Verlauf im Bereich Riedbahn und die Querung der A5, bei der auch die zukünftige ICE-Trasse zu bedenken ist. Die Vorzugsvariante erschließt die Gewerbegebiete südlich der B42 (Riedbahn, Im Rödling) und verläuft beim Loop 5 über die Hochtanner Brücke.

Erste grobe Kostenschätzungen wurden im Rahmen der Machbarkeitsstudie erstellt, im Zuge der weiteren Planung werden die Kosten noch genauer berechnet. Wenn die Förderung gesichert ist, werden Bund und Land gemeinsam einen Großteil der Kosten finanzieren. Die Bedingungen haben sich durch das novellierte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz vom Juni 2020 verbessert. Voraussetzung für die Förderung ist, dass der Nutzen gegenüber den Kosten überwiegt.

Ziele des Projekts
Durch Steigerung der Attraktivität und der Kapazität des öffentlichen Nahverkehrs sollen mehr Menschen zum Umstieg vom Auto zum ÖPNV bewegt werden. Zusammen mit der angedachten Straßenbahn von Darmstadt nach Groß-Zimmern bestünde in Zukunft eine durchgängige Verbindung vom Ostteil des Landkreises über Darmstadt in den Westteil.

Ziel ist, dass die Menschen im Raum Darmstadt / Weiterstadt verstärkt den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Zu diesem Zweck soll dann auch das bestehende Busnetz neu ausgerichtet werden. Zwar ist der Bau einer Straßenbahn relativ aufwendig, da eine eigene Trasse benötigt wird. Die Praxis zeigt aber: Ab einer bestimmten Menge an Passagieren braucht es größere Fahrzeuge. Um die gleiche Personenmenge wie in einer Straßenbahn zu transportieren, werden mindestens zwei Gelenkbusse oder drei Standardbusse benötigt, die aber immer wieder im Stau stecken bleiben würden.

Dazu kommt: Straßenbahnen sind attraktiver als Busse. Es gibt weniger Gedränge und mehr Platz (insbesondere auch für Rollstuhlfahrende, für Familien mit Kinderwagen oder für Fahrräder). Da Straßenbahnen überwiegend auf einem unabhängigen Bahnkörper unterwegs sind, ist die Verbindung schneller und pünktlicher.

Dass sich viele Städte im In- und Ausland für die Straßenbahn entscheiden, zeigt, dass dieses Transportmittel die Nase vorn hat in puncto verkehrliche Wirksamkeit und Kosten.

Die nächsten Planungsschritte
Schon vor 20 Jahren haben die beiden Städte über eine Straßenbahn nachgedacht. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2006 hat gezeigt, dass eine solche Straßenbahnverbindung machbar und förderfähig ist. Allerdings haben die Städte die Planung damals aus finanziellen Gründen zu den Akten gelegt.

Inzwischen hat sich einiges geändert. Die Klimakrise verschärft sich, und die Luftreinhaltung wird immer wichtiger. Die Bevölkerung in den beiden Städten nimmt zu. Auch die Förderbedingungen von Bund und Land haben sich verbessert. Auf der anderen Seite verändert sich aber auch der Raum: Das Loop5 wurde gebaut und die ICE-Trasse Rhein-Main/Rhein-Neckar soll neben der A5 entlangführen.

Mit der Durchführung der Machbarkeitsuntersuchung haben der Landkreis und die beiden Städte die Planung wieder aufgenommen. Ende 2019 wurde das Ergebnis der Machbarkeitsstudie in den politischen Gremien der beiden Städte und der DADINA vorgestellt. Einige offenen Punkte aus der Studie werden zurzeit durch Gutachter geklärt, wie die Tragfähigkeit der Brücke am Dornheimer Weg, die Leistungsfähigkeit der „Segmüller-Kreuzung“ (B42 / Im Rödling / Darmstädter Straße) und die Querung der Autobahn im Bereich des Loop 5 (Hochtanner Brücke).

Es gibt noch weitere Fragen, die vertieft untersucht werden müssen: Wie werden die Menschen aus den Weiterstädter Stadtteilen angebunden? Wie verläuft die Vorzugstrasse genau? Wo verläuft die Trasse zwischen der Brücke am Dornheimer Weg und Riedbahn genau? Wie wird sich der Verkehr in der Zukunft entwickeln und was wird die Straßenbahn genau kosten?

Als nächster Schritt soll eine vertiefende Untersuchung folgen: Eine genaue Nutzen-Kosten-Bilanzierung ist nicht nur die Basis für eine Entscheidung vor Ort, sondern auch Grundlage für Förderbescheide aus Berlin und Wiesbaden.

Sobald die Pandemie-Lage es zulässt, soll der Dialog mit den Beteiligten zu diesem Projekt gesucht werden. Sollten sich die zuständigen Gremien nach Klärung dieser Fragen für die Straßenbahn entscheiden, dann müsste die Entwurfs- und Genehmigungsplanung folgen – das dauert im Schnitt drei Jahre. Mindestens zwei Jahre sind für das anschließende Planfeststellungsverfahren anzusetzen. Der Bau würde zwei bis vier Jahre dauern.

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