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Mobilitätswende stadtverträglich gestalten

So bleiben Bus & Bahn auch bei Tempobeschränkungen attraktiv • Hinweise zu Tempo 30 aus der ÖPNV-Perspektive

Köln, 21.10.2021 (BA/gm)
Insbesondere Lärm, Treibhausgase, Schadstoffe und Verkehrssicherheit sind gute Gründe, Geschwindigkeitsreduzierungen für den Straßenverkehr zu prüfen. Wesentlicher Vorteil einer Verlangsamung und Reduktion des Autoverkehrs ist, dass der öffentliche Straßenraum in den Städten besser wieder als Lebensraum zurückgewonnen werden kann.

Flächendeckende Tempo-30-Limits, die auch den umweltfreundlichen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) unmittelbar beeinflussen, werden aber durch die Verkehrsunternehmen kritisch bewertet. Das gilt auch bei längeren oder vielen kürzeren Straßenabschnitten mit Geschwindigkeitsreduzierungen, die bereits einen negativen Einfluss auf den Betrieb von Bussen & Bahnen haben können. Durch einen langsameren Betriebsablauf verlängert sich die Fahrzeit für die Fahrgäste und oftmals werden für das ÖPNV-Angebot mehr Fahrzeuge in den Umläufen mit der Konsequenz höherer Betriebskosten benötigt. Takte und Anschlüsse können nicht gehalten werden und ohne Ausgleichsmaßnahmen wird das System ÖPNV als Rückgrat der Mobilitätswende für Kunden unattraktiver. Dies wäre der falsche Weg: Der öffentliche Verkehr muss besser werden – nicht schlechter und teurer. 

Aktuelle Initiativen sehen keine flächendeckende Tempo 30-Regelung auch auf den Hauptstraßen vor. Eine differenzierte Vorgehensweise wie bei der Initiative des Deutschen Städtetages, die zur Erprobung eine innerörtliche Regelgeschwindigkeit Tempo 30 außerhalb von Hauptstraßen vorsieht, wird durch die Branche begrüßt. Dabei gehen die Verkehrsunternehmen davon aus, dass das ÖPNV-Liniennetz im Wesentlichen dem Hauptstraßennetz entspricht und insofern weitgehend ausgenommen ist.

Sofern Busse & Bahnen im Ausnahmefall Einschränkungen in der Betriebsweise bzw. insbesondere der Fahrgeschwindigkeit hinnehmen müssen, setzt dies immer eine differenzierte örtliche Betrachtung voraus, bei der auch die Verkehrsunternehmen beteiligt werden müssen. Verschiedene Nutzungsansprüche (u.a. Aufenthalts-qualität, Umfeldverträglichkeit, Erschließungsqualität, Verkehrsablauf, Verkehrssicherheit, Wirtschaftlichkeit) sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und es müssen tragfähige Lösungen gefunden werden. Bei Einschränkungen von Bus & Bahn sind an geeigneten Stellen im Verkehrsnetz entsprechende Kompensationen wie Ampel- und Vorfahrtbevorrechtigungen, ÖPNV-Sonderfahrstreifen oder Haltestellenkaps vorzusehen, um die Zeitverluste für die Fahrgäste gering zu halten und vorhandene Anschlüsse zu sichern. Der ÖPNV muss so umgesetzt werden, dass er zum einen für die Fahrgäste attraktiv und konkurrenzfähig ist, und zum anderen dessen Betriebskosten hierdurch nicht weiter steigen.

Das Positionspapier wurde durch den „Allgemeinen Ausschuss für Planung“ zur Veröffentlichung freigegeben. Der Ausschuss dankt den Fachexperten innerhalb und außerhalb des VDV für die wertvollen Impulse und die konstruktive Auseinandersetzung darüber, wie die Folgen von Tempobeschränkungen durch die Festlegung eines ausgenommenen Hauptstreckennetzes abgemildert werden können und der ÖPNV dabei im besten Fall als wichtiger Baustein einer Mobilitätswende gestärkt wird.

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