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Dieselsubventionen für Lkw unterminieren Klimaschutzpläne und sind ein Fall für die Wettbewerbshüter der EU-Kommission

Berlin, 13.05.2022 (BA/gm)
Am heutigen Freitag wird der Bundestag in der ersten Lesung über das Energiesteuersenkungsgesetz abstimmen. Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Energiesteuersätze für die Kraftstoffe Diesel, Benzin, Erdgas und Flüssiggas für den Zeitraum von drei Monaten gesenkt werden. Für Diesel bedeutet dies eine zusätzliche Steuerentlastung in Höhe von 14,04 ct/Liter – das schließt den Güterverkehr auf der Straße ein. Die Güterbahnen haben die EU-Kommission darüber informiert, dass hier eine massive Verzerrung des Wettbewerbs stattfindet und darum gebeten, den Sachverhalt zu prüfen und gegebenenfalls zu unterbinden. 

Die Güterbahnen sehen in den jüngsten Plänen der Subventionierung des Lkw-Verkehrs zusätzlich zum ohnehin geltenden Steuerprivileg für Diesel eine Weigerung der Regierung, sich mit der Benachteiligung der Schiene auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass diese Maßnahme massiv den Klimaschutzzielen der Bundesregierung schadet. „Das wird mindestens Verkehrsverlagerung auf die Schiene verhindern – wenn nicht gar Verkehr zurück auf die Straße verlagern. Statt für faire Bedingungen im Verkehrsbereich zu sorgen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der umweltfreundlichen Schiene zu stärken, greift man lieber auf die temporäre Absenkung der Kraftstoffsteuern auf das europäische Minimum zurück. Das ist mit schätzungsweise einer Milliarde Euro ein teures Geschenk an den Straßengüterverkehr, das zudem die verpflichtenden Ziele des Klimaschutzgesetzes unterminiert“, kommentiert Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen.

Allein die Verteuerung von Sprit kann nicht das ausschlaggebende Argument sein. Schließlich hat seit dem Herbst 2021, also schon deutlich vor dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine, der Preis an der Strombörse unbekannte Höhen erreicht – seitdem leiden viele Unternehmen auf der Schiene unter einer Verdoppelung der Kosten, einige sogar einer Vervielfachung. „Die Anerkennung dieser Problematik aus dem Ministerium fehlt uns. Die Güterbahnen wünschen sich keine Sonderbehandlung, sondern lediglich eine faire Gleichbehandlung. Doch auch auf mehrfache Nachfrage in Richtung Verkehrsministerium wird weder das Problem der stark wachsenden Strompreise ernst genommen, noch die Verzerrungen im Wettbewerb zwischen Schiene und Straße. Die Strompreissteigerungen, die deutlich stärker ausfallen als die Steigerungen des Diesels bedrohen schon heute die Existenz von Eisenbahnunternehmen“, so Kerkeling.

Zwar lässt der befristete Krisenrahmen der EU vom 23. März 2022 staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft zu, dennoch ist die Absenkung der Energiesteuer ein klima- und wettbewerbspolitisches Desaster, da der zu 95 % elektrisch erbrachte Güterverkehr auf der Schiene mit dem nahezu 100 % mit Diesel angetriebenen Güterverkehr auf der Straße in Konkurrenz steht. Kerkeling: „Da merkt eigentlich schon der Laie, dass hier etwas nicht stimmt.“ Beihilfen sind möglich, aber wenn sie zu solchen Verzerrungen führen, die noch dazu kontraproduktiv für die Klimaschutzziele sind, ist das für die Güterbahnen ein klarer Fall für die EU-Kommission.

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