Archive
März 2024
M D M D F S S
« Jan    
 123
45678910
11121314151617
18192021222324
25262728293031

9-Euro-Ticket: Mehr Bahnverkehr vor allem in ländlichen, touristischen Regionen

Seit Einführung des 9-Euro-Tickets weiterhin deutlich mehr Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern im Vergleich zu 2019 • Zunahme der Reisen im Eisenbahnverkehr besonders in ländlichen Gebieten mit hohem Tourismusaufkommen • Reisen im Straßenverkehr ab 30 Kilometern im Juni und Juli bundesweit auf dem Vorkrisenniveau von 2019

Wiesbaden, 11.08.2022 (BA/gm)
Die Zahl der Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern lag auch im zweiten Monat nach Einführung des bundesweiten 9-Euro-Tickets deutlich über dem Niveau vom Juli des Vorkrisenjahres 2019. Im Juli 2022 wurden, wie schon im Monat zuvor, im Durchschnitt 42 % mehr Fahrten unternommen als im jeweiligen Vergleichsmonat des Jahres 2019. Die Reisen im Straßenverkehr lagen bundesweit weiterhin ungefähr auf dem Niveau des Vergleichszeitraumes von 2019. Diese bundesweiten Ergebnisse deuten auf einen generellen Anstieg der Reisen hin. Dies geht aus einer experimentellen Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervor. 

Deutlich mehr Bewegungen im Eisenbahnverkehr in ländlichen, touristischen Gebieten
Beim Blick auf regionale Unterschiede zwischen den Landkreisen zeigt sich, dass es im Vergleich zu 2019 vor allem in ländlichen, bei Touristen beliebten Reisegebieten, zu einem Anstieg des Eisenbahnverkehrs kam. Hier lagen die erfassten Reisen im Juni und Juli 2022 um durchschnittlich 80 % höher als in den Referenzmonaten 2019. Reisegebiete entsprechen hierbei den in der Tourismusstatistik genutzten Gebietsabgrenzungen. Diese wurden für die Zwecke dieser Auswertung abhängig von der Zahl der Gäste in Beherbergungsbetrieben im Mai 2022 als touristisch geprägt definiert (siehe auch „Methodische Hinweise“ in dieser Mitteilung).

In Reisegebieten mit hohem Tourismusaufkommen war vor allem bei Bahnreisen zwischen 30 und 100 Kilometern ein Anstieg zu beobachten. In den ersten beiden Monaten seit Einführung des 9-Euro-Tickets hat sich hier das Reiseaufkommen im ländlichen Raum verglichen mit 2019 mehr als verdoppelt (+104 %). Bei Reisen zwischen 100 und 300 Kilometern lagen die Werte im Schnitt um 55 % höher als im Jahr 2019, bei Reisen über 300 Kilometer Distanz im Schnitt um 35 %. Dabei ist zu beachten, dass gerade bei längeren Reisen im Eisenbahnverkehr in ländlichen Gebieten mehrere Umstiege notwendig sein können. Dies kann unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass eine einzelne, lange Reise als zwei kürzere Bewegungen erfasst wird.

Anfang Juli 2022 zeigte sich vor allem bei Bahnreisen ab 100 Kilometern ein leichter Rückgang in den ländlichen, touristischen Gebieten gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2019. Dieser Rückgang ist durch den Beginn der Sommerferien zu erklären, welcher 2019 in fast allen Bundesländern etwas früher lag als 2022.

In städtischen Reisegebieten mit hohem Tourismusaufkommen lag die Zahl der Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern im Juni und Juli 2022 im Schnitt um 28 % höher als im selben Zeitraum 2019. Sie ist damit weniger stark gestiegen als das Reiseaufkommen in den anderen Gebietstypen.

Veränderung der Reisen im Straßenverkehr zu 2019 regional unterschiedlich
Den größten Anteil an der Personenbeförderung macht nach wie vor der Straßenverkehr aus. Eine Unterscheidung zwischen öffentlichem (z. B. Bus) und Individualverkehr (z. B. Pkw) ist auf Basis der hier genutzten Daten jedoch nicht möglich, das heißt die auf der Straße erfassten Reisen können sowohl mit dem Auto als auch mit dem Bus zurückgelegt worden sein.

Ähnlich wie beim Eisenbahnverkehr ist auch beim Straßenverkehr insbesondere in ländlichen, touristischen Kreisen Anfang Juli ein zeitlich begrenzter Abwärtstrend zu beobachten. Grund dafür ist ein zeitlich vorgelagerter Anstieg der Reisen im Referenzzeitraum 2019, bedingt durch die damals früher beginnenden Sommerferien.

Eine regionale Verschiebung vom Straßen- zum Schienenverkehr lässt sich aus diesen Ergebnissen jedoch nicht ableiten. Zwar gibt es ab Anfang Juni in drei von vier Gebietskategorien einen Rückgang im Straßenverkehr verglichen mit 2019, ab Mitte Juli befinden sich die Reisen auf der Straße jedoch wieder auf dem Vorkrisenniveau oder leicht darüber. In der bundesweiten Perspektive lag die Veränderungsrate im Straßenverkehr im Juni und Juli 2022 im Schnitt bei 0 %.

Die Zahl der Reisen zwischen 30 und 100 Kilometern auf der Straße lagen im Juni und Juli durchschnittlich leicht über dem Niveau von 2019.

Ab einer Reisedistanz von 100 Kilometern liegen die Bewegungen im Straßenverkehr seit Juni 2022 hingegen unter dem Niveau von 2019. In stark touristisch geprägten Reisegebieten lagen die Bewegungen im Juni und Juli 2022 auf Distanzen zwischen 100 und 300 Kilometern im Schnitt um 13 % (ländlich) und 9 % (städtisch) niedriger als im Referenzzeitraum 2019. In Gebieten mit mittlerem bis niedrigem Tourismusaufkommen lagen die Bewegungen im Straßenverkehr in ländlichen Gebieten 7 % unter dem Vorkrisenniveau und in städtischen Gebieten in etwa auf dem Vorkrisenniveau.

Ab 300 zurückgelegten Kilometern fielen die Rückgänge im Straßenverkehr verglichen mit 2019 am deutlichsten aus: Sie betrugen -18 % in allen ländlichen Gebieten, unabhängig von der Tourismus-Kategorisierung. In städtischen Gebieten waren 12 % weniger Reisen in stark touristischen Regionen zu verzeichnen und 10 % weniger in Städten mit einem mittleren bis niedrigen Tourismusaufkommen.

Methodische Hinweise:
Touristisch geprägte Regionen werden auf Ebene der Reisegebiete identifiziert. Reisegebiete im Sinne der amtlichen Tourismusstatistik sind dabei Regionen, die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder definiert wurden und die sich im Wesentlichen an den Zuständigkeitsbereichen der regionalen Tourismusverbände und an naturräumlichen Gegebenheiten orientieren (zum Beispiel Zugspitzregion oder Mecklenburgische Ostseeküste). Im Rahmen dieser Auswertung wurden Reisegebiete abhängig von der Zahl der Gäste in Beherbergungsbetrieben im Mai 2022 als Gebiete mit starkem oder mittel bis geringem Tourismusaufkommen identifiziert. Darunter fallen vor allem im Sommer beliebte Reisegebiete, da dieser Zeitraum im Kontext des 9-Euro-Tickets von Interesse ist. Hierbei werden Beherbergungsbetriebe ab zehn Betten beziehungsweise Campingplätze ab zehn Stellplätzen erfasst.

In dieser Auswertung wurden die zehn Reiseregionen mit den meisten Gästen in Beherbergungsbetrieben im Mai 2022 als Regionen mit starkem Tourismusaufkommen definiert. Diese machen knapp ein Drittel der gesamtdeutschen Gästeankünfte im Mai 2022 aus. Zwischen Freizeit- und z. B. Geschäftsreisenden kann hierbei jedoch nicht unterschieden werden. Ebenso wird der Tagestourismus nicht erfasst. Die in dieser Auswertung verwendeten Daten liegen auf Ebene der Landkreise vor. Überschneidet sich ein Landkreis mit mehreren Reisegebieten, so wird er als „touristisch geprägt“ erfasst, sofern dies auf zumindest eines dieser Reisegebiete zutrifft.

Die Einteilung in ländliche und städtische Gebiete erfolgt anhand der siedlungsstrukturellen Kreistypen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Dabei wurden die Kreistypen „dünn besiedelte ländliche Kreise“ und „ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen“ als ländlich definiert, die Kreistypen „städtische Kreise“ sowie „kreisfreie Großstädte“ als städtisch. Eine genauere Beschreibung dieser Typisierung ist auf der Website des BBSR zu finden.

Zur Abbildung der Mobilität verwendet das Statistische Bundesamt anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten aus dem Netz des Mobilfunkanbieters Telefónica, die vom Unternehmen Teralytics aufbereitet und zur Verfügung gestellt werden. Bewegungen werden auf Basis von anonymisierten und aggregierten Mobilfunkdaten aus Positionsänderungen identifiziert, wenn die Aufenthalte an Start- und Zielort mindestens 30 Minuten betragen. Bei der Berechnung der Referenzwerte aus 2019 wird eine Anpassung für gesetzliche Feiertage sowie den 24. und 31. Dezember durchgeführt, um Verzerrungen durch die an Feiertagen üblicherweise veränderte Mobilität zu verhindern.

Veränderungsraten für alle Tage, die keine Feiertage sind, werden im Vergleich zum Durchschnitt des jeweiligen Wochentages des jeweiligen Monats im Jahr 2019 berechnet. Dabei werden Feiertage aus der Berechnung des Wochentagdurchschnitts ausgenommen. Veränderungsraten für Feiertage hingegen werden im Vergleich mit dem entsprechenden Feiertag des Jahres 2019, wie beispielweise Fronleichnam, berechnet. Der oben genutzte 7-Tage-Durchschnitt ist ein gleitender Durchschnitt aus den Veränderungsraten.

In den für diese Auswertung genutzten Bewegungsdaten wurde, wo möglich, anhand von Mobilfunksignalen eine Zuordnung der Bewegungen zu Straßen-, Schienen- und Luftverkehr vorgenommen. Eine solche Zuordnung kann jedoch nur für Reisedistanzen ab 30 Kilometern erfolgen. Kürzere sowie aus anderen Gründen nicht zugeordnete Reisen fallen in den Darstellungen unter „Sonstige“.

Weitere Informationen:
Mit dieser Sonderauswertung anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten erschließt das Statistische Bundesamt neue digitale Datenquellen. Die Ergebnisse basieren auf Daten, die das Statistische Bundesamt insbesondere hinsichtlich ihres Nutzens für die kleinräumige und aktuelle Abbildung der Bevölkerung und ihrer Mobilität untersucht. Weitere Informationen hierzu bietet die Rubrik „EXDAT-Experimentelle Daten“ (www.destatis.de/exdat) in den Bereichen zur Mobilität auf Basis von Mobilfunkdaten. Das Angebot wird täglich aktualisiert und schrittweise erweitert.

Im Reifegrad und in der Qualität unterscheiden sich diese experimentellen Daten und Auswertungen von amtlichen Statistiken, insbesondere in Bezug auf Harmonisierung, Erfassungsbereich und Methodik.

Kommentieren ist momentan nicht möglich.