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Zu wenig Schiene, zu viel Auto

Hochschulen: Studie fordert mehr Forschung zum Schienenverkehr

Berlin, 20.10.2022 (BA/gm)
Zum Start des Wintersemesters kritisiert die Allianz pro Schiene, dass die Schienenverkehrsforschung an deutschen Hochschulen und Universitäten in zwölf von 16 Bundesländern kaum eine Rolle spielt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Deutschen Zentrums für Schienenverkehrsforschung (DZSF). Dies bremst vor allem die Ausbildung der dringend gesuchten Fachkräfte im Bahnsektor aus. Für die Gestaltung der klimafreundlichen Mobilität ist Deutschland damit nur unzureichend aufgestellt.

Zwar gibt es in fast allen Bundesländern Hochschulen mit Forschungsschwerpunkt oder Forschungsnetzwerken zum Thema „Mobilität“. Doch wo Mobilität draufsteht, ist meist nur Auto drin: Der Fokus liegt häufig explizit auf dem Automobilbau, landesspezifische Forschungsschwerpunkte zum Schienenverkehr kommen meist zu kurz. Auch bei Forschungsnetzwerken – sogenannten Clustern – zeigt sich ein deutliches Übergewicht des Automobilbereiches. Immerhin: Zumindest in den Ländern Bayern, Berlin, Brandenburg und Sachsen existieren Forschungscluster mit Bezug zum Schienenverkehr. 

Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, kritisiert: „Man kann hier wirklich von einer forschungspolitischen Schieflage zulasten der Schiene sprechen. Die Schwerpunkte an Hochschulen und Universitäten in puncto Mobilität passen keineswegs zum hohen Bedarf an qualifizierten Fachkräften in der Bahnbranche.“

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die forschungspolitischen Ziele häufig die vorherrschenden Industriezweige eines Bundeslandes widerspiegeln. Das gilt zum Beispiel für Niedersachsen, wo das Land auch Anteilseigner des Automobilkonzerns Volkswagen ist.

Von den Bundesländern forderte Flege ein grundsätzliches Umdenken: „Die Forschungslandschaft sollte sich viel mehr an den verkehrspolitischen Zielen von Bund und Ländern ausrichten. Es muss darum gehen, dass sich die Klimaziele in der Forschungslandschaft zeigen und der energieeffiziente Schienenverkehr stärker in den Fokus rückt. Den Status quo zu erhalten führt hier nicht weiter. Wir brauchen jetzt Fachkräfte für die Mobilität der Zukunft – das können nicht nur Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sein. Wir brauchen Menschen, die den Schienenverkehr und vernetzte Mobilität von der Pike auf kennen. Die vom Bund im Masterplan Schienenverkehr versprochenen Stiftungsprofessuren sollten für die Länder Anlass sein, ihre Mobilitätsforschungsförderung neu auszurichten und zu modernisieren.“

Das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung hatte bereits im Februar in einer Studie festgestellt, dass weniger als fünf Prozent der deutschen Hochschulen über Lehrstühle mit Eisenbahnkompetenz verfügen. Deshalb hatte das Bundesinstitut bereits vor „gravierenden Engpässen“ bei der Stellenbesetzung im Schienenverkehrssektor gewarnt.

Die stark wachsende Eisenbahnbranche beschäftigt derzeit etwa 550.000 Menschen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten braucht es gut ausgebildete Fachkräfte, die sich um Instandhaltung und Erneuerung, Fahrzeugbau sowie um Aus- und Neubaumaßnamen am Schienennetz kümmern. Dazu gehören auch neuere Berufsbilder wie Drohnenpiloten, Netzwerk-Ingenieurinnen oder Big-Data-Analysten, die stärker als bisher eine akademische Ausbildung benötigen. Die Bahnbauunternehmen rechnen allein bis 2024 mit einem Mehrbedarf von 15.000 Beschäftigten.

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