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DB zum Prozessauftakt wegen des Schlafwagenunglücks von Nancy

Berlin, 14.03.2011 (BA)
Heute startete in Frankreich der Prozess wegen des Zugunglücks von Nancy, um die Verantwortlichkeiten an dem Unglück zu klären. Die Deutsche Bahn bedauert die Geschehnisse im französischen Nancy zutiefst und möchte den Betroffenen und Hinterbliebenen nochmals ihre Anteilnahme aussprechen.

Am 6. November 2002 war in einem Nachtzug auf der Strecke Paris – München ein Feuer ausgebrochen. 12 Reisende waren zu Tode gekommen, acht wurden verletzt. Neben dem Schlafwagen-Steward sind die DB AutoZug GmbH und die französische Staatsbahn SNCF angeklagt.

Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist das Feuer im Abteil des Schlafwagen-Stewards ausgebrochen. Laut derzeitigem Ermittlungsstand hatte der Steward eine Reisetasche auf eine eingeschaltete Herdplatte gestellt und schlief auf seiner Liege im Gang des Schlafwagens ein. Die Tasche und die darüber aufgehängten Kleidungsstücke fingen Feuer. Der Steward wachte durch das Feuer auf und verließ den Schlafwagen ohne Warnung der Reisenden, um den Zugchef der SNCF zu benachrichtigen.

Dem Schlafwagen-Steward, der DB AutoZug und der SNCF wird vorgeworfen, fahrlässig gehandelt zu haben. Im Hinblick auf die DB Autozug sollen die Verschließsysteme an den Gang- und Außentüren des Schlafwagens, die Ausstattung mit nur einem Feuerlöscher am Unfalltag und die Hinweise auf die Nothämmer in den Abteilen mitursächlich für die Toten und Verletzten sein.

Die DB weist darauf hin, dass der Schlafwagen den gültigen Normen und Regelungen entsprochen hat und vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassen war. Er wurde zuletzt 1998 modernisiert und wieder zugelassen. Im Juli 2001 erfolgte eine große Revision. Zuletzt wurde er am 4. November 2002, zwei Tage vor dem Unglück, technisch überprüft.

Der Schlafwagen war in einen französischen Zugverband eingestellt und in Frankreich unterwegs. Damit war die SNCF nach dem internationalen Eisenbahnrecht für die Sicherheit des gesamten Zuges und die Einhaltung aller eisenbahntechnischen Regeln verantwortlich. Durch die Einreihung des Schlafwagens an der Spitze des Zugverbandes und das Fehlen eines vorgeschriebenen Adapterkabels auf der Lok der SNCF war die Kommunikation zwischen den Waggons und dem Lokführer nicht möglich. Der Adapter hätte die französischen und deutschen Kommunikationssysteme verbunden und es dem Zugchef der SNCF möglich gemacht, den Lokomotivführer über den Brand zu informieren.

Aus Sicht der DB hat der Waggon in allen von der französischen Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Punkten dem internationalen Regelwerk entsprochen. Die bemängelten Sperrhaken an der Innenseite der Außentüren des Schlafwagens dienten dem Schutz der Reisenden, um Überfälle von außen unmöglich zu machen. Dies ist mit den Regelungen des Internationalen Eisenbahnverbandes (UIC) vereinbar und war weit verbreitete Praxis. Die Seitengangtüren waren zum Schutz der Reisenden mit einem Sicherheitsschloss versehen. Die Anbringung der Sicherheitsschlösser erfolgte in Umsetzung eines TEN-Pool-Beschlusses nach der Ermordung eines belgischen Schlafwagenschaffners. Im TEN-Pool sind die Eisenbahnen, die Nachtreiseverkehr betreiben, zusammengefasst.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Kontrolle der Sicherheitsbestimmungen und die Entscheidung über die Verriegelung der Seitengang- und Außentüren allein dem Zugbegleitpersonal der SNCF oblag.

Nach den Feststellungen der französischen Strafverfolgungsbehörden hat sich im Waggon nur ein Feuerlöscher befunden. Die technische Spezifikation sieht zwei Feuerlöscher pro Waggon vor. Es ist für die DB nicht nachvollziehbar, wann und wie der zweite Feuerlöscher abhanden gekommen ist. Bei der Zulassung des Waggons durch das Eisenbahn-Bundesamt waren laut Protokoll zwei Feuerlöscher vorhanden. Gutachter gehen zudem davon aus, dass der Brand selbst bei Benutzung eines Feuerlöschers nicht mehr hätte eingedämmt werden können.

Nach einer UIC-Richtlinie sind bei diesem Schlafwagentyp Nothämmer nur im Gang an den Ausstiegsfenstern vorgesehen. Im betroffenen Schlafwagen waren nicht nur diese Nothämmer vorhanden, sondern darüber hinaus in jedem Abteil. Die Anbringung der Nothämmer und die Hinweise auf die zusätzlichen Nothämmer in den Abteilen entsprachen einem vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassenen Notausstiegskonzept.

Nach dem Unfall wurden zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um eine Wiederholung eines solch tragischen Unglücks zu verhindern. Zunächst wurden Brandwachen in den Züge angeordnet. Anschließend wurden alle Schlaf- und Liegewagen der DB AutoZug GmbH mit einer Brandmeldeanlage ausgestattet. Der Zugang zum deutschen Netz ist ausländischen Fahrzeugen ohne Brandmeldeanlage nicht mehr gestattet. Im Rahmen ihres langfristigen Flottenmodernisierungsprogramms hat die DB AutoZug GmbH in der Zwischenzeit alle Schlafwagen älterer Bauart aus dem Betrieb genommen und durch moderne Fahrzeuge ersetzt.

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