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Bahnaktuell - Letzte Änderung: 15.10.2003

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Kaprun-Prozess: Heizlüfter weiter wahrscheinlichste Ursache
Salzburg, 15.10.2003 (BA)
Beim Kaprun-Prozess wurde am gestrigen Dienstag das neue Brandgutachten übergeben. Darin wird weiterhin ein defekter Heizlüfter als wahrscheinlichste Ursache des Feuers in der Gletscherbahn Kaprun genannt.
Damit sind alle Spekulationen über neue, bisher unbekannte Brandursachen vom Tisch. Der Strafantrag der Staatsanwaltschaft gegen die 16 Angeklagten baut nämlich auf dem defekten Heizlüfter als Ursache auf. Nach dem Gutachten Praders soll sich der Heizlüfter durch einen Defekt entzündet haben. Dadurch seien dann die Hydraulikleitungen in Brand geraten. Bei der Flammenkatastrophe starben insgesamt 155 Skifahrern und Angestellte der Gletscherbahnen.

Anwalt Ivo Greitler, der japanische Opfer der Brandkatastrophe vertritt, zitiert aus dem druckfrischen und eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Werk. "Da kommt für mich die wichtige Aussage: Daraus ergibt sich aber, dass der Brand nur innerhalb des Holzverbaus um den Heizlüfter ausgebrochen sein konnte", sagt Greitler.
Außerdem bestärke Prader in seinem Gutachten die Kritik an der Verlegung der Hydraulikleitung beim Heizlüfter, sagt Anwalt Herwig Hasslacher: "Das heißt, dass jeder wissen konnte: Wenn dort irgendeine Flüssigkeit austritt, dann tropft sie unweigerlich auf den Heizlüfter." "Und wenn in einem Heizlüfter die Spindel drinnen glüht und es kommt dort leicht brennbares Hydrauliköl rauf, kann man sich vorstellen, was mit dem Öl passiert", ergänzt der Anwalt.

So informiert wie die beiden Anwälte sind aber längst nicht alle Prozessbeteiligten. Denn am Dienstag waren nicht genug Kopien der neuen Gutachten vorhanden.
Das sei völlig unverständlich, ärgert sich Verteidiger Rene Musey: "Angekündigt wurde die Übergabe der Gutachten. Übergeben wurden die Gutachten an die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger des Erstbe- schuldigten. Die anderen Verteidiger haben kein Gutachten in Buchform bekommen."
Einige Verteidiger hätten CD-ROMs bekommen, die Privatbeteiligten-Vetreter hingegen gar nichts, be- mängelt Musey: "Die haben nur die Option bekommen, dass sie eine CD-Brennung bekommen oder in der Kopierstelle - wenn die einmal Zeit hat - eine Kopie erhalten."
Er sei mit der Form der Übergabe nicht einverstanden, sagt der Verteidiger: "Ich denke, dass damit die Grundsätze eines fairen Verfahrens beeinträchtigt sind."

Regulärer Prozess ab 18. November
Prader hat das Gutachten in Buchform und auf 18 CD-ROMs Richter Manfred Seiss vorgelegt. Ab 18. November soll der Prozess wieder regulär mit drei Verhandlungstagen pro Woche im Salzburger Kol- pinghaus fortgesetzt werden.


Sammelklage nach Kaprun-Unglück
New York, 10.10.2003 (BA)
Eine US-Bundesrichterin hat Klagen wegen des Gletscherbahnunglücks von Kaprun am Donnerstag vorläufig den Status einer Sammelklage zuerkannt.
Im November 2000 waren bei einem Brand in einem Seilbahntunnel in dem österreichischen Urlaubsort 155 Menschen ums Leben gekommen.
Die Kläger, Angehörige von acht getöteten US-Bürgern, sind der Ansicht, Zug und Tunnel seien mangel- haft konstruiert, gebaut und betrieben gewesen. Die Beklagten haben die Vorwürfe zurückgewiesen.

Bei einer Sammelklage ("class action") agieren einzelne Kläger als Vertreter einer Gruppe von Geschä- digten. Die meisten Opfer des Unglücks waren Österreicher und Deutsche. Nur zwölf Skifahrer hatten sich retten können.
Bundesrichterin Shira Scheindlin sagte in New York, sie werde den Status einer Sammelklage zuer- kennen, wenn sich mindestens zwei Kläger binnen 30 Tagen bereit erklärten, als Vertreter mit einem Komitee ausländischer Geschädigter zusammenzuarbeiten.

Kaprun-Prozess nach wenigen Minuten vertagt
Salzburg, 23.08.2003 (BA)
Nach knapp einer halben Stunde ist am Freitag der Kaprun-Prozess auf Mitte Oktober vertagt worden. Am 14. Oktober sollen dann alle Gutachten vorliegen. Das haben die Sachverständigen dem Gerichts- präsidenten Walter Grafinger versichert.
Die Gutachter wollen in der nächsten Verhandlung auf alle Fragen passende Antworten haben, sagte Gerichtspräsident Walter Grafinger: "Man soll bei Anfragen lückenlos nachvollziehen können, wie man zu einem Ergebnis gekommen ist. Um das genau festzulegen, hat das Verfahren nun länger gedauert. Mir gegenüber haben die Sachverständigen erklärt, dass sie die Gutachten bis zum 14. Oktober fertig- gestellt haben - und wenn Tag und Nacht arbeiten müssen, wie sie sagen."

Die kommende Verhandlung wird im Salzburger Landesgericht stattfinden. Sie diene dazu, sagt Ge- richtspräsident Grafinger, die Gutachten an die Verteidiger der Angeklagten zu übergeben: "Am 17. No- vember wird dann der Prozess im bisherigen Rythmus mit drei Tagen wöchentlich im Saal des Salz- burger Kolpinghauses weitergeführt."
Grafinger sagt, wenn er sich den Verhandlungsplan seines Kollegen Manfred Seiss ansehe, dann seien Urteile der ersten Instanz frühestens Ende Januar 2004 zu erwarten. Jeder frühere Termin würde ihn überraschen, sagt der Gerichtspräsident.

Kaprun: Privatgutachten sieht andere Ursache
Salzburg, 17.11.2002
Die Spekulationen über die Katastrophe des Unglücks von Kaprun vom 11. November 2000, bei dem 155 Menschen den Tod fanden, werden wieder um einiges reicher.
Ein umfangreiches Privatgutachten über die mögliche Brandursache kommt jetzt zu dem Ergebnis, daß ein Heizstrahler in der Garnitur der Gletscherbahn - bisher als wahrscheinlicher Verursacher der Kata- strophe angenommen - als Grund nicht in Frage käme. In dem von dem staatlich beeideten Sachver- ständigen Peter Schütz erstellten Gutachten heißt es, daß hingegen höchstwahrscheinlich ein Kabel- brand zu dem Inferno führte.
"Es ist ein umfangreiches Gegengutachten, das dem des Sachverständigen (Anton, Anm.) Muhr völlig widerspricht", so Richter Manfred Seiss. Muhr wird voraussichtlich der Verhandlung am 19. November fern bleiben, hieß es.
Mittlerweile gibt es bereits acht Gutachten, denn die Staatsanwaltschaft hat auch noch ein lüftungstech- nisches in Auftrag gegeben. Die beiden zu den ursprünglich fünf zusätzlichen hinzugekommenen (die Hydraulik betreffend) sind aber vor Weihnachten nicht bei Gericht zu erwarten.

Skilifte auf dem Kitzsteinhorn eingestellt
Kaprun, 14.11.2002
Auf dem Kitzsteinhorngletscher bei Kaprun mußte der Betrieb der Skilifte wegen eines Föhnsturms ein- gestellt werden. Rund 1.000 Skifahrer saßen deshalb zwischenzeitig im Alpincenter fest. Seit etwa 13.00 Uhr wehte der Wind schon sehr kräftig auf dem Kitzsteinhorn. Kurz nach 14 Uhr erreichen die Böen 130 bis 140 Stundenkilometer. Die Lifte auf dem Gletscherplateau haben deshalb automatisch den Betrieb eingestellt.
Die Skifahrer sammelten sich danach im Alpincenter - Skilehrer und Pistenraupen brachten sie sicher zum Langwiedboden. Von dort fuhren die Skifahrer im windgeschützten Gletscherjet I ins Tal. "Durch die Möglichkeit der Abfahrt zum Langwiedboden hat sich die Situation völlig entspannt", sagt Peter Präauer von den Gletscherbahnen Kaprun.
Eine unmittelbare Gefahr für die Skifahrer habe nicht bestanden, sagt Herbert Thaier, Besitzer einer Ski- schule beim Alpincenter Kaprun: "Sobald wir das Gletscherplateau verlassen haben, ist der Wind ein ganz ein anderer. Der bläst ja auf dem Gletscher viel mehr als auf der eigentlichen Abfahrt."

Luftseilbahn Rhäzüns-Feldis hat Betrieb eingestellt
Rhäzüns, 13.11.2002 (AP)
Die Luftseilbahn Rhäzüns - Feldis hat nach dem Absturz eines Trainingsflugzeugs der Armee ihren Be- trieb bis auf weiteres eingestellt. Das Hilfsseil der Rettungsbahn und vermutlich auch das Tragseil wur- den beschädigt, wie der Betriebsleiter der Bahn sagte. Beim Unfall waren zwei Milizpiloten der Luftwaffe getötet worden.
Nach den Worten von Betriebsleiter Hans Wildermuth wurde vor allem das Hilfseil der Rettungsbahn, das gleichzeitig als Telefonseil dient, beschädigt. Aber vermutlich habe auch das Tragseil Schaden er- litten. Die Seile würden nun mit speziellen Meßgeräten überprüft. Wann die Luftseilbahn wieder den Be- trieb aufnehmen könne, sei offen. Unter Umständen müsse der Betrieb für mehrere Wochen eingestellt werden.

Die Luftseilbahn ist seit 1958 in Betrieb und dient der Erschließung des Dorfes Feldis, das sonst nur noch über eine Naturstraße erreicht werden kann, wie Wildermuth weiter sagte. Die Zehner-Kabinen verkehrten täglich von 06.45 Uhr bis 19.45 Uhr jede Stunde, versuchsweise seien auch Nachtfahrten eingeführt worden.
Mit der Luftseilbahn werden auch die Schüler von Feldis, sowie die Post und Lebensmittel transportiert. Jährlich wird die Bahn von rund 50.000 Personen benutzt. Die Luftseilbahn soll laut dem Betriebsleiter in den kommenden Jahren erneuert werden. Die Konzession laufe allerdings noch bis ins Jahr 2011.

Als das Flugzeug am (gestrigen) Dienstagnachmittag kurz vor 16.00 Uhr die Tragseile der Seilbahn touchierte und danach abstürzte, befand sich eine Kabine abfahrtbereit in der Talstation. Warum der Pilot des Trainingsflugzeugs Pilatus PC-7 das Kabel erfaßte, war zunächst nicht bekannt.
Zum Zeitpunkt des Absturzes der Maschine in den so genannten «Bonaduzerstutz» herrschten gute Wetterverhältnisse. Ein militärischer Untersuchungsrichter hat die Ermittlungen zur Absturzursache aufgenommen. Beim Absturz wurden der Pilot und sein Passagier, zwei Milizoffiziere, getötet.

Kaprun-Katastrophe: Kaprun blickt mit Zuversicht in die Zukunft
Salzburg, 11.11.2002
Vor genau zwei Jahren erlebte Österreich eine der schlimmsten zivilen Katastrophen seiner Geschichte: Beim Brand in der Gletscherbahn von Kaprun kamen 155 Menschen ums Leben.
Nach wie vor ist die Ursache des Feuers noch nicht geklärt - seit Frühsommer läuft das Gerichtsver- fahren. Unklar ist auch der wirtschaftliche Schaden für die Tourismusgemeinde, ein Großteil der Gäste hatte den Skiurlaub nach der Katastrophe storniert. Heute sieht die Situation aber schon wieder anders aus, sagt der Kapruner Bürgermeister Norbert Karlsböck.

Die Ausgangslage sei trist gewesen, sagt Bürgermeister Karlsböck. Nun seien die Gäste aber wieder da, das neue Angebot werde gut angenommen, die Kapruner könnten mit Hoffnung und Optimismus in die Zukunft blicken.
Die Nächtigungszahlen in der Pinzgauer Gemeinde haben jetzt schon wieder das Niveau wie vor der Brandkatastrophe erreicht. Der Tunnel wird nicht mehr benützt, die Kapruner Gletscherbahnen setzen auf neue Seilbahnen und ein besseres Sicherheitskonzept. Die schwierigen Tage und Wochen nach dem Brand seien überwunden, glaubt Karlsböck, seine Gemeinde habe das Schlimmste erlebt und überstanden.

Rund 200 Angehörige und Freunde der 155 Toten haben am Montagmorgen zu einem ökumenischen Gottesdienst getroffen. Teilgenommen haben vor allem Österreicher und Deutsche. Zwei Familien sind extra aus Japan angereist, ein Vater eines Opfers aus den USA war ebenfalls anwesend. Die Trauerfeier wurde an der provisorischen Gedenkstätte abgehalten, auf ausdrücklichen Wunsch der Angehörigen fand der Gottesdienst unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt.
Die Kapruner Gletscherbahnen haben den Betrieb aller Seilbahnen und Lifte am Morgen zwischen eine Viertelstunde lang abgeschaltet - als Zeichen der Trauer, wie Unternehmenssprecher Harald Schiffl mit- teilte. Am Abend soll noch eine Messe in der Kapruner Pfarrkirche an die 155 Opfer der Brandkatastro- phe erinnern.

Kaprun-Katastrophe: Fagan glaubt noch an Erfolg
Salzburg, 10.11.2002
US-Anwalt Ed Fagan gab bei einem Pressegespräch in Salzburg bekannt, daß "wer behauptet hat, in den USA ist kein Prozeß möglich" falsch liege. Vielmehr sei man nun bei den zivilrechtlichen Verfahren in der zweiten Phase angelangt.
Bis 16. November müßten die Siemens AG und die Firma Bosch eine Liste übergeben, welche Doku- mente sie im Zusammenhang mit der Gletscherbahn Kaprun hätten. Dann hätten sie drei Monate Zeit, diese Dokumente zu übergeben, berichtete Fagan.
Der nächste und letzte Schritt sei dann der Prozeß. Der Advokat kündigte an, jene Firmen, gegen die eine Klage schon abgewiesen wurde, in anderen US-Bundesstaaten erneut zu klagen. Die Bezirksrich- terin habe in diesen Fällen nur entschieden, daß sie in New York nicht zuständig sei, aber nicht, das eine Klage in den USA nicht möglich wäre, so Fagan.

Fagan kritisierte, daß die Gletscherbahnen Kaprun Anordnungen der US-Richterin nicht befolgen. Diese hätte angeordnet, daß die Gletscherbahnen mitteilen müssen, wer nach dem Unglück im Tunnel war, wer was herausgeholt habe, ob es Fotos gebe, welche Dokumente sie hätten und was sie im Zug ge- macht hätten.
In der kommenden Woche werde er dem Berufungsgericht mitteilen, daß die Gletscherbahnen diese Informationen nicht herausgeben würden, sagte Fagan.
"Fagan dreht sich die Geschichte, wie sie ihm in den Kram paßt", meinte dazu Gletscherbahnen- Sprecher Harald Schiffl. Die Gletscherbahnen würden die Liste selbstverständlich übergeben, wenn es ein zuständiges Gericht gebe. Die Richterin in New York habe aber selbst gesagt, daß sie nicht zu- ständig sei. Deshalb gebe es auch keinerlei Strafandrohung. "Fagan muß wieder einmal angebliche Erfolge nachweisen", vermutete Schiffl.

Kaprun-Prozeß: Opfer-Angehörige kritisieren Prozeß
München, 18.10.2002 (BA)
Die Angehörigen der Opfer der Seilbahnkatastrophe von Kaprun haben den Prozeß vor dem Landesge- richt in Salzburg scharf kritisiert. "Wir sind über verschiedene belegbare Vorgänge entsetzt", heißt es in einem Schreiben an den bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). In diesem Schreiben weisen sie auf zahlreiche Mißstände hin. Die Hinterbliebenen wenden sich an Stoiber mit der Bitte, die erhobenen Vorwürfe zu prüfen, soweit dies für ihn rechtlich zulässig sei.

Zwölf Aktenordner mit Ermittlungsergebnissen der österreichischen Behörden seien der Staatsanwalt- schaft nicht zur Verfügung gestellt worden, sagte der Rechtsanwalt Michael Witti am Donnerstag in München. Zudem habe ein Gutachter Beweisstücke mit nach Hause genommen.
Rechtsanwalt Witti hatte bereits vor einigen Wochen einen Brief an Bundeskanzler Schröder geschrie- ben, nach Informationen von Bahnaktuell wurde dieser an das Auswärtige Amt weitergeleitet. Ob sich das Auswärtige Amt für nicht zuständig erklärte, ist nicht bekannt.
Das Ziel, die Strafbarkeit der Verantwortlichen feststellen zu können, werde durch die "unnötigen Fehler" bei der Beweisführung immer schwieriger, sagte Witti. "Das ist ein Geschenk für die Verteidigung." Der Anwalt tritt in dem Verfahren als Nebenklägervertreter auf.

Kaprun-Prozeß: Gutachter ändert Meinung
Salzburg, 15.10.2002
Der Brand-Gutachter im Prozeß um die Kaprun-Katastrophe hat seine Meinung zur Ursache des Infer- nos geändert: Entgegen seinem Gutachten hält es Muhr für möglich, daß nicht unbedingt ein defekter Heizlüfter den Brand ausgelöst haben muß.
Am Montag im Verhandlungssaal: Der Platz des Brandsachverständigen Anton Muhr am Gutachtertisch ist leer. Doch in einem Telefonat mit Richter Manfred Seiss hat Muhr eine überraschende Aussage ge- macht: "Ich halte es für erforderlich, auch die ins Spiel gebrachten weiteren Brandursachen wie Kabel- brand, Lampe und Steckdose zu untersuchen, die ich jetzt nicht mehr als Brandursache ausschließen möchte."
Eineinhalb Jahre lang hatte in Muhrs Gutachten der Heizlüfter als Brandursache gegolten. Auch im Strafantrag der Anklagebehörde war bisher immer vom Heizlüfter als Brandursache die Rede. Für den Prozeßverlauf könnte das Umschwenken Muhrs weitreichende Folgen haben.
In der VOEST-Halle in Linz wurde bereits damit begonnen, das Wrack und die intakte Garnitur noch ein- mal genau zu untersuchen.

Kaprun-Prozeß: War es Kabelbrand und nicht der Heizlüfter?
Salzburg, 11.10.2002
Im Prozeß um die Katastrophe von Kaprun zeichnet sich eine Wende ab. Bisher hatte ein Heizlüfter als Auslöser des Feuers gegolten. Ein Experte der Kriminaltechnischen Zentralstelle hat vor Gericht jetzt eine andere Meinung vertreten. Die Heizlüfter-Theorie wackelt.
Das Verfahren dürfte sich jetzt um mindestens zweieinhalb Monate verzögern. Richter Manfred Seiss hat alle acht Gutachter in Salzburg zu einem vertraulichen Gespräch geladen. Nach zweieinhalb Stun- den stand fest: Zur eindeutigen Klärung der Brandursache müssen weitere Experimente durchgeführt werden: "Das sind Versuche, die am Vergleichszug in Linz stattfinden werden - unter Beteiligung der meisten Sachverständigen", sagt Richter Seiss.

Für bestimmte Experimente werden die Gutachter in die Labors der Linzer Johannes-Kepler-Universität ausweichen müssen. Der Zeitplan für ein Urteil vor Weihnachten hält damit nicht mehr, der Richter rech- net für Ende Februar kommenden Jahres mit einem Abschluß des Verfahrens: "Es sind noch einige Versuchsreihen durchzuführen, und dadurch wird der Zeitplan nicht halten."

Unterdessen mehren sich die Zweifel an der Unglücksursache. Ein Gutachter hatte einen defekten Heiz- lüfter als brandauslösend ermittelt. Nach Aussagen eines Beamten der Kriminaltechnischen Zentral- stelle wurden in einem anderen Bereich an der Unterseite des Unglückszugs, der ausgebrannten Kitz- steingams, Spuren von schwelendem Gas entdeckt. Diese Rückstände entstehen nach Aussage des Zeugen an kalten Stellen, an denen ein Feuer ausbricht. Demnach könne nach Ansicht von Strafvertei- digern auch ein Kabelbrand unter dem Führerstand nicht mehr ausgeschlossen werden.

In den kommenden Wochen wird die Zeugenvernehmung abgeschlossen, dann werden die Gutachter ihre Erkenntnisse präsentieren: "Am Dienstag, 19. November, beginnt die Erörterung der Gutachten. Wir beginnen mit dem Gutachten von Professor Engel." Edwin Engel ist Professor für Seilbahntechnik der Technischen Universität Wien. Die Rechtsanwälte haben bereits angekündigt, die Ergebnisse der Sach- verständigen durch umfangreiche Privatgutachten entkräften zu wollen.

Kaprun-Prozeß: Entscheidung über Brandexperten vertagt
Salzburg, 08.10.2002
Im Kaprunprozeß sollte am Montag entschieden werden, ob der Brandexperte Anton Muhr vom Verfah- ren abgezogen wird. Dies haben die Verteidiger der 16 Beschuldigten vergangene Woche gefordert.
Die Forderung der Verteidiger wurde gestellt, nachdem bekannt geworden war, daß der Gutachter Be- weisstücke aus dem Gletscherbahntunnel in seinem Privathaus aufbewahrt.
Doch Richter Manfred Seiss hat diese Entscheidung verschoben. Die Verhandlungsmitschriften vom vergangenen Mittwoch sind noch nicht fertig, sagt Seiss. Damit könne er die Einwände der Verteidiger gegen Muhr nicht genau nachlesen und keine Entscheidung treffen.

Kaprun-Prozeß: Monteure werden befragt
Salzburg, 26.09.2002
Heute wurden zwei Monteure befragt, die im Sommer 2000 Brandschutz- und Fluchttüren im umge- bauten Alpincenter installiert hatten. Dabei ging es um die Frage, welche Funktionen die Türen zu er- füllen hatten. "Eine Brandschutztür geht im Notfall zu, eine Fluchttür im Notfall auf", erläuterte ein 33- jähriger Monteur.
Ob eine Brandschutztür erneut zugehen müsse, wenn sie im Notfall nach dem ersten Schließvorgang wieder geöffnet werde, wisse er nicht, sagte der Zeuge: "Sie muß schließen, ob sie einmal oder zehn Mal schließen muß, weiß ich nicht."
Der Monteur konnte sich an ein Gespräch anläßlich der Montage der Türportale im Bereich der Berg- station des ankommenden Zuges erinnern, bei dem auch der Betriebsleiter der Gletscherbahn Kaprun sowie der mit dem Umbau befaßte Baumeister anwesend waren. Dabei habe man erklärt, daß es sich bei einer Tür in der Bergstation um eine Brandschutztür und keine Fluchttür handle und den Unterschied erklärt.
Daraufhin habe man darüber beraten, ob es möglich sei, die Schlösser auszubauen, damit die Tür wenn sie zugeht nicht verriegelt. Nach einer Rückfrage bei seiner Firma sei nach einigen Tagen die Meldung gekommen, daß der Ausbau der Schlösser möglich sei, gab der Zeuge an.

Sein Kollege konnte sich erinnern, daß die Schlösser auf Wunsch des Betriebsleiters der Gletscherbah- nen ausgebaut worden seien. Auch er konnte nicht sagen, ob sich die Brandschutztür nach dem händi- schen Aufdrücken nochmals schließen müsse.

Im Kaprun-Prozeß wirft die Anklage drei von insgesamt 16 Beschuldigten fahrlässige Gemeingefährdung vor. Sie sollen verantwortlich sein für den Einbau beziehungsweise für die Abnahme einer Brandschutz- tür verantwortlich sein, deren Steuerung nach einer manuellen Öffnung nicht automatisch nochmals schließt. Weil diese Steuerung fehlte, konnte Rauch ins Alpincenter eindringen.
In diesem Bereich starben bei der Brandkatastrophe am 11. November 2000 in der Gletscherbahn Kap- run drei der insgesamt 155 Opfer.

Die Verhandlung wurde nach der Einvernahme der beiden Zeugen kurz nach 10.00 Uhr beendet. Der Prozeß wird am kommenden Montag mit der Befragung von weiteren Zeugen - geladen sind wieder Mit- arbeiter der Kriminaltechnischen Zentralstelle - fortgesetzt.

Kaprun-Prozeß: US-Zeuge widerspricht Fagan
Salzburg, 24.09.2002
Im Kaprun-Prozeß kam gestern jener amerikanische Militärarzt zu Wort, der nach Darstellung von US- Opferanwalt Ed Fagan im Gletscherbahn-Stollen gewesen sein soll. Doch der Arzt gibt an, seine Leute hätten den Tunnel nicht betreten. Auch Fagan selbst sorgte im Gerichtssaal für Aufregung.

Das amerikanische Militärteam sei nicht im Tunnel gewesen, sondern habe nur bei der Identifizierung der 155 Opfer geholfen, sagt der Militärarzt. Beweise, so wie von US-Anwalt Ed Fagan behauptet, habe man nicht gesichert, dazu gar keinen Auftrag gehabt, sagt der Zeuge.
Auch Major Drew Stathis sei nicht im Stollen gewesen. Er sei für das US-Team der Kontaktpunkt zu den österreichischen Behörden gewesen. "Ich selbst war aber einige Tage mit einem Pathologen in Salzburg, um im gerichtsmedizinischen Institut bei der Identifizierung der Opfer anhand von DNA-Ana- lysen mitzuhelfen", sagt der amerikanische Arzt.
Der Arzt gab an, er hätte keinen Auftrag über gerichtliche Voruntersuchungen erhalten und auch keine Video-Dokumentation angefertigt. "Ich hatte in Kaprun nur eine Digitalkamera dabei, die befindet sich in einer schwarzen Kiste in einem Büro in Deutschland.
Alle Fotos, die wir damals gemacht haben, wurden dem gerichtsmedizinischen Institut bereits über- geben." Er sei bisher noch von keinem amerikanischen Gericht aufgefordert worden, Auskunft zu geben.
Der Militärarzt dementiert auch, daß Amerikaner jemals eigene Fotos gemacht hätten.
"Man darf unsere Hilfestellung nicht mit eigenen Untersuchungen verwechseln." Alle Unterlagen und Auf- nahmen stammten von österreichischen Behörden - vor allem der Kriminalabteilung des Landesgendar- meriekommandos. Alle Aufzeichnungen der US-Kommission seien in den Sterbeakten enthalten. Mehr könne er dazu nicht sagen. Die eidesstattliche Erklärung des Majors habe er heute zum ersten Mal zu Gesicht bekommen, er könne sich aber nicht vorstellen, daß sie der Wahrheit entspricht, so der Zeuge sinngemäß.

Richter Seiss forderte die Privatangeklagtenvertreter und Opferangehörigen schließlich auf, "nicht immer in den Wunden zu rühren". Einige der Fragen dienten seiner Meinung nach nicht der Wahrheitsfindung und außerdem "sollen die Leute Einsicht in den Gerichtsakt nehmen, die Fakten sind da eindeutig an- geführt", so Richter Seiss.

Fagan scheinen die Felle davonzuschwimmen, denn auf die Aussagen dieses Militärarztes hatte er sich oft bezogen und viele seiner Anschuldigungen darauf gegründet.
Fagan selbst sorgt, obwohl seine Aussage von Richter Manfred Seiss zu Mittag abgebrochen wurde, auch weiter für Aufregung. Der US-Anwalt hatte sich so lange mit Zwischenrufen aus dem Zuhörerraum gemeldet, bis Richter Seiss drohte, Fagan durch die Polizei abführen zu lassen. Er enthält sich jedoch der Aussage zu den von ihm aufgestellten Beschuldigungen gegen die österreichische Justiz.

Einzig Neues in Fagans Aussage: Er sei persönlich nicht im Kapruner Unglücksstollen gewesen.

Nichts sagt der Anwalt aber zu seinen schwerwiegenden Anschuldigungen gegen die österreichische Justiz. Dieser wirft er vor, Beweismittel zu unterdrücken und die Erkenntnisse amerikanischer Ermittler zu ignorieren.
Fagan sagte, all diese Informationen habe er in seiner Eigenschaft als Anwalt erfahren und sei somit an seine anwaltliche Schweigepflicht gebunden - er verweigere die Aussage.
Wenige Minuten später beantwortete Fagan aber dann doch wieder Fragen, um sich kurz darauf darüber zu beschweren, daß die an ihn gerichteten Fragen und seine Anworten vom Gerichtsdolmetscher nicht wortwörtlich übersetzt würden. Damit ziehe er alles bisher Gesagte wieder zurück, sagte der US-An- walt.
Mit seiner heutigen "Aussage" und den mittlerweile damit verbrachten drei Stunden hat Fagan auch den Prozeßplan gründlich durcheinander geworfen:
Eigentlich sollten zu Mittag bereits zwei weitere Zeugen ausgesagt haben, auch jener amerikanische Militärarzt, auf dessen Aussagen sich Fagan so sehr stützt. Fagan hatte zuerst wegen eines jüdischen Feiertages nicht zur Prozeßfortsetzung nach Salzburg kommen wollen. Dann entschloß er sich aber doch dazu, weil er die Aussage des amerikanischen Militärarztes hören wollte, der nach ihm als Zeuge auftrat.

Am späten Montagnachmittag wurde die Verhandlung von Richter Seiss auf Dienstagfrüh vertagt. Dann stehen die Zeugeneinvernahme eines Mitarbeiters der Gletscherbahnen Kaprun AG auf der Tagesord- nung. Weitere Zeugeneinvernahmen wird es nicht geben. Ursprünglich hätten am Montag noch zwei Kriminalbeamte vernommen werden sollen. Da aber einige Protokolle noch nicht fertig sind, wurde deren Befragung verschoben.

Kaprun-Prozeß wird heute fortgesetzt
Salzburg, 23.09.2002
Nach knapp zweiwöchiger Zwangspause wegen fehlender Protokolle wird heute im Salzburger Kolping- haus der Kaprun-Prozeß fortgesetzt. Laut Richter Manfred Seiss dürfte die heutige Verhandlung span- nend werden: Der umstrittene Katastrophen-Anwalt Ed Fagan aus den USA soll als Erster in den Zeu- genstand. Fagan hatte den Richter selbst darum ersucht, weil er danach bei der Befragung des Militär- arztes David Roath zuhören will.
Fagan stützt sich bei seinem Kampf um Schadenersatz in den USA auf eine eidesstattliche Erklärung eines US-Majors, der behauptet, daß direkt nach den Katastrophe Untersuchungsteams der US-Army im Stollen der Standseilbahn waren und dort Aufnahmen gemacht haben. Roath hatte damals das US- Team geleitet, das sich in Kaprun aufhielt.
Nach der österreichischen Strafprozeßordnung dürfen Zeugen, die noch nicht ausgesagt haben, nicht im Saal anwesend sein. Deshalb möchte Fagan vor Roath in den Zeugenstand.

Kaprun-Prozeß: US-Gericht weist Klage gegen Siemens ab
New York, 22.09.2002
- Die Klage gegen Siemens Österreich im Zusammenhang mit der Kaprun- Katastrophe vom 11. November 2000 wurde von der Richterin Shira A. Sheindlin vom südlichen Bezirks- gericht von New York abgewiesen.

Es konnten keine Geschäftsbeziehungen des Unternehmens mit New York festgestellt werden, die eine Zuständigkeit des Gerichts rechtfertigen würden, hieß es. Die Argumente, mit denen die Kläger einen Prozeß in den USA erkämpfen wollten, würden teilweise "an Frivolität grenzen", so die Richterin in der Begründung.
Die Kläger hatte mehrere Gründe angegeben. So sei Siemens 1999 eine Partnerschaft mit Pocket Reader LLC eingegangen, um die Siemens Pockter Reader am nordamerikanischen Markt einzuführen. Außerdem sei ein Patent in den USA angemeldet worden.
Weiters wurde argumentiert, Siemens Österreich hätte verschiedene Kontakte mit den USA. So habe Siemens seinen Bediensteten Englisch-Kurse angeboten. Sprachkurse seien eine übliche Geschäfts- praxis.

Siemens: eines unter 17 angeklagten Unternehmen
Siemens ist eines von insgesamt 17 Unternehmen, die nach der Seilbahnkatastrophe von Kaprun mit Schadenersatzforderungen in den USA konfrontiert sind. Eltern und Großeltern von sechs US-Amerika- nern, die bei der Katastrophe ums Leben gekommen waren, haben über den Anwalt Ed Fagan und seine Partner die Klagen eingebracht.

Um eine Klage gegen ein ausländisches Unternehmen in New York zulassen zu können, müs- se zumindest einer der folgenden fünf Punkte zutreffen: Das Unternehmen hat ein Büro in New York, es verfügt über Konten oder Besitzungen in den Staaten, es hat Telefon-Anschlüsse in den USA, es hat öffentliche Geschäftsbeziehungen oder es hat ständige Vertreter in New York.

Die Kläger werden ja vom amerikanischen Anwalt Ed Fagan vertreten. Gemeinsam mit seinen europä- ischen Partnern hat Fagan seinen Mandanten hohe Entschädigungen durch Klagen in den USA in Aus- sicht gestellt. Insgesamt wollte er 500 Millionen Euro geltend machen. Nun ist die erste Klage geplatzt.
Ed Fagan wird am morgigen Montag beim Kaprun-Prozeß in Salzburg erwartet.

Richtungweisende Entscheidung?
Sichtlich erleichtert vom Beschluß des New Yorker Bezirksgerichtes zeigte sich der Sprecher der Glet- scherbahnen Kaprun (GBK), Harald Schiffl, in einer ersten Stellungnahme: "Es war eine richtungwei- sende Entscheidung.
Es wurde jetzt bestätigt, daß die Klagen gegen österreichische Unternehmen sinnlos sind, weil sie keine Geschäftsbeziehungen in den USA haben". Er rechnet jetzt auch für die Gletscherbahnen Kaprun damit, daß die Klage abgewiesen wird.

Strafverfahren gegen Kaprun-Ermittler
Salzburg, 19.09.2002
In der Causa Kaprun hat die Staatsanwaltschaft Salzburg nun ein Strafverfahren gegen den Leiter der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) im Innenministerium sowie einige seiner Mitarbeiter eingeleitet. Sie sollen Urkunden unterdrückt haben.
Die Beamten waren beim Lokalaugenschein beim Wrack der verbrannten Garnituren mit elf dem Gericht bisher unbekannten Aktenordnern mit Beweismaterial aufgetaucht. Die Kriminaltechnische Zentralstelle hatte das Material im Unglückstunnel kurz nach der Katastrophe gesammelt
Der Leiter der KTZ, Volker Edlinger, war daraufhin sofort vom Dienst suspendiert worden. Nun hat die Staatsanwaltschaft auf Antrag eines Strafverteidigers im Prozeß sogar Vorerhebungen eingeleitet, das hat Justizminister Dieter Böhmdorfer jetzt bestätigt.

Kaprun-Urteil frühestens zum Jahresende
Salzburg, 17.09.2002
Nach den Verzögerungen wegen der überlasteten Schreibkräfte steht jetzt der neue Zeitplan für den Kaprun-Prozeß fest. Die Verhandlung soll ab kommenden Montag fortgesetzt werden, ein Urteil ist da- mit frühestens zum Jahresende möglich.
Richter Manfred Seiss wollte ursprünglich das Urteil bereits Ende Oktober sprechen, nun sind aber be- reits Verhandlungstermine bis Ende Dezember angesetzt. Denn der Kaprun-Prozeß muß Ende Oktober wieder für drei Wochen unterbrochen werden - eine Messe im Kolpinghaus ist der Grund dafür.

Kaprun-Prozeß wegen fehlender Protokolle vertagt
Salzburg, 12.09.2002
Der Kaprun-Prozeß wurde heute, Donnerstag, auf 23. September - 9.00 Uhr - vertagt. Grund sind fehlen- de Protokolle aus den Verhandlungen im vergangenen Juli, weil die Schreib-Abteilung überlastet ist.

Um 10.30 Uhr war der Kaprun-Prozeß am heutigen Donnerstag vorläufig zu Ende. Verteidiger und Hin- terbliebenen-Anwälte hatten in einer seltenen Einhelligkeit erklärt, nicht mehr weiterverhandeln zu kön- nen. Denn ohne die noch ausständigen Verhandlungs-Protokolle könnten Zeugen, die für die nächsten Tage geladen sind, nicht gründlich befragt werden.
Grund für die Vertagung ist die Schreibabteilung des Landesgerichts - sie ist überlastet, was angesichts des enormen Aufwandes auch nicht verwunderlich scheint: jeden Tag fallen rund 300 Seiten maschinge- schriebener Seiten an. Diese aus stenografischen Notizen herzustellen, braucht Zeit.

Richter Manfred Seiss hatte bereits auf die Gefahr überlasteter Schreibkräfte hingewiesen, war aber vom zuständigen Oberlandesgericht vertröstet worden.
Nun will Seiss am 23.September weiterverhandeln und hofft, daß die ausständigen Protokolle bis dahin vorliegen. Somit müssen auch die Zeugenaussage-Termine von rund 40 Personen neu festgelegt wer- den.
Geplatzt ist aber vorerst nicht nur der Kaprun-Prozeß, sondern auch der mit Spannung erwartete Auftritt des US-Anwalts Ed Fagan, der ja behauptet, Beweismaterial sei unterdrückt worden. Fagan hatte sich seinen Zeugenaussage-Termin bereits im Sommer selbst aussuchen können.
Doch heute hat der US-Anwalt auch diesen Termin abgesagt: er habe just an jenem Tag einen jüdi- schen Feiertag übersehen und könne daher vor Gericht nicht aussagen. Mit den heutigen Entwicklungen ist das eigentlich für Ende Oktober geplante Urteil in der Causa Kaprun wohl nicht mehr realistisch.

Kaprun-Prozeß: Kriminaltechnische Zentralstelle auf dem Prüfstand
Salzburg, 11.09.2002
Im Prozeß um die Brandkatastrophe von Kaprun stehen am heutigen Mittwoch neuerlich Ermittler der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) aus Wien im Mittelpunkt.
Diese hatten als erste nach der Brandursache in der Gletscherbahn geforscht und - wie im Juli berich- tet- dem Gericht überraschend unbekanntes Ermittlungs-Material übergeben. Die Arbeit dieser Wiener Beamten in Kaprun scheint nach den Aussagen am heutigen Mittwoch aber erstaunlich unkoordiniert abgelaufen zu sein.
Drei Beamte der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) sind bereits als Zeugen aufgetreten. Alle drei waren in Kaprun, im Stollen und mit der Suche nach der Brandursache beschäftigt - vor allem an der unversehrt gebliebenen Zuggarnitur.

Alles dreht sich bei diesem Prozeß um den laut Anklage ungeeigneten und deshalb defekten Heizlüfter. Doch wer der Herren den Heizlüfter aus dem intakten Zug überhaupt ausgebaut oder den Auftrag dazu gegeben hat, das bleibt unklar.
Ebensowenig ist klar, wer welche Fotos von der laut Anklage ölgetränkten Holzverschalung rund um den Heizlüfter gemacht hat oder wer welche Skizzen, Notizen oder Protokolle angelegt hat. Der eine der Zeugen verweist auf den anderen, dieser wiederum auf einen dritten.
Jene Akten, die von KTZ-Beamten beim Lokalaugenschein in Linz an das Gericht übergeben worden waren, schlagen nach wie vor Wellen: so ist der KTZ-Chef noch immer vom Dienst suspendiert.
Das Gericht hat inzwischen auch zwei neue Gutachter bestellt: einen für Hydraulik-Leitungen, die im Unglückszug leck gewesen sein sollen und einen für Lüftungstechnik.

Kaprun-Prozeß: "Heizlüfter hätte nie eingebaut werden dürfen..."
Salzburg, 11.09.2002
Beim Prozeß um die Katastrophe von Kaprun sprach am Mittwoch der Geschäftsführer jener Firma, die den umstrittenen Heizlüfter hergestellt hat. Er stellte klar, solche Geräte seien für Fahrzeuge nicht ge- eignet und saugen darin zu wenig Luft an.
Dieser Zeuge sagte vor Gericht, das Gerät seiner Firma hätte niemals in ein Fahrzeug eingebaut werden dürfen. Ein defekter Heizlüfter soll laut Experten-Gutachten und Staatsanwaltschaft die Katastrophe - wie vielfach berichtet - ausgelöst haben.

Der Typ, wie er in den Führerständen der Gletscherbahn Kaprun war, sei nur für Hausgebrauch be- stimmt, niemals jedoch für Verwendung in Fahrzeugen. Das be- tonte der Geschäftsführer der deut- schen Firma Fakir am Mittwoch beim Kaprun-Prozeß. Die Geräte würden nämlich durch Einbau wie in Kaprun nicht genügend Firschluft ansaugen, auch sei der Motor für eine solche Belastung nicht gebaut, sagte der Geschäftsführer von Fakir.
Ein defekter Heizlüfter im Führerstand der Bahn soll laut Strafantrag die Katatstrophe ausgelöst haben. Er soll überhitzte und undichte Hydraulikleitungen an der Hinterseite des Heizlüfters zum Platzen ge- bracht haben.

Beamte der Kriminaltechnsichen Zentralstelle (KTZ) kamen am Mittwoch ebenfalls als Zeugen zu Wort. Diese waren nach Bergrettung Kaprun und anderen Einsatzkräften als erste Ermittler im Tunnel - auf der Suche nach der Brandursache.
Die Arbeit dieser Experten scheint aber für Beobachter des Prozesses erstaunlich unkoordiniert abge- laufen zu sein. So konnte vor Gericht nicht mehr geklärt werden, wer eigentlich den Heizlüfter aus der noch intakten Zuggarnitur bergen ließ, und wer welche Protokolle und Skizzen angefertigt hat?

Kaprun-Prozeß: Bergungs-Video wird nicht gezeigt
Salzburg, 10.09.2002 (BA)
Im Prozeß um die Brandkatastrophe von Kaprun wird das Gendarmerie-interne Video über die Leichen- bergungen nicht gezeigt. Das hat Richter Manfred Seiss entschieden. Die Angehörigen der Opfer sind empört.
Die rund zehn Angehörigen der Opfer verließen nach der Entscheidung, den Film nicht zu zeigen, den Gerichtssaal demonstrativ. Sie hätten sich eigentlich ein Bild von jenem Ort machen wollen, an dem ihre Lieben gestorben seien, agrumentierten die Angehörigen. So hätten sie noch einmal Abschied nehmen können.
Doch Richter Manfred Seiss sieht das anders: der Gendarmerie-interne Film über die Leichenbergung im Kapruner Tunnel enthalte viele psychisch äußerst belastende Szenen und sei zur Wahrheitsfindung nicht notwendig, begründte der Richter.
Am ersten Verhandlungstag nach der Sommerpause ist der Kaprun-Prozess nun auch noch arg aus dem Zeitplan geraten. Eigentlich sollte um 14.30 Uhr bereits der fünfte von sechs Zeugen vernommen werden, doch um diese Uhrzeit war erst der zweite an der Reihe.

Kaprun-Prozeß: Fortsetzung nach Sommerpause
Salzburg, 09.09.2002 (BA)
Nach sieben Wochen Sommerpause wird ab morgen im Salzburger Kolpinghaus der Kaprun-Prozeß fortgesetzt. 52 Zeugen sollen noch zur Seilbahn-Katastrophe vernommen werden.
Bis Ende Oktober will Richter Manfred Seiss die Verhandlung beenden, eine Woche später soll das Ur- teil verkündet werden.
52 Zeugen stehen noch auf dem Verhandlungsplan - als allerletzter der US-amerikanische Anwalt Ed Fagan. Danach sollen noch die Gutachter ihre Expertisen erörtern. Richter Manfred Seiss will Ende Ok- tober die Verhandlung beenden, weil ab November das Kolpinghaus in Salzburg nicht mehr zur Verfü- gung steht.
Nach dem Ende der Verhandlung werde es rund eine Woche Pause geben, ehe er das Urteil zunächst mündlich verkünden werde, so Seiss. Die schriftliche Ausfertigung werde dann noch dauern.

Der Auftakt der zweiten Verhandlungsrunde birgt gleich eine Menge Brisanz. Als Erster tritt der Leiter der Gendarmerie-Kriminalabteilung Franz Lang in den Zeugenstand. Er wird dabei laut Seiss auch einen Film vorführen, den die Exekutive bei den Ermittlungen kurz nach der Katastrophe im Stollen der Un- glücksbahn gemacht hat.
Nach der Befragung weiterer Gendarmen sind nochmals Beamte der Kriminaltechnischen Zentralstelle (KTZ) des Innenministeriums geladen. Ein Beamter des KTZ hatte ja im Juli zahlreiche Unterlagen dem Gericht erst während der Verhandlung übergeben. Deshalb wurden die Zeugen nochmals geladen. Der KTZ-Chef wurde damals vom Dienst suspendiert.

Für den 11. September wurde ein Vertreter der Firma Fakir geladen, die den Heizstrahler erzeugt hat, der möglicherweise an der Ursache der Brandkatastrophe beteiligt war.
Für 16. September hat Richter Seiss den amerikanischen Militärarzt David Roath geladen, der als einer der Ersten im Unglücksstollen war.
In den darauf folgenden Tagen werden hauptsächlich Menschen aussagen, die kurz vor dem Feuerin- ferno noch mit der Gletscherbahn Kaprun gefahren sind, beziehungsweise die in den Tagen davor Auffäl- ligkeiten an der Bahn bemerkt haben.
Als letzter geladener Zeuge findet sich am 23. September US-Anwalt Ed Fagan auf dem Verhandlungs- plan des Gerichts. Fagan hatte wiederholt behauptet, daß die Ermittlungsbehörden nicht alle Unterlagen in den Akt aufgenommen hätten. Der Advokat vertritt zahlreiche Familien von Opfern beim Kampf um Schadenersatz vor Gericht in New York.

Kaprun-Unglück: Fagan erwartet schon für Mai Prozeß in Amerika
Salzburg, 16.08.2002
Der amerikanische Schadenersatz-Prozeß nach der Brand-Katastrophe in Kaprun könnte schon im kommenden Mai in New York beginnen. Das sagte der US-Anwalt Ed Fagan bei einem Besuch in Salz- burg.
Fagan geht auch davon aus, daß sich das amerikanische Gericht bei allen angeklagten Firmen für zu- ständig erklärt. Bisher müssen sich die deutsche Siemens AG und der Hydraulikhersteller Bosch- Rexroth einem Prozeß in den USA stellen.
Nach dem verheerenden Feuer in Kaprun haben Ed Fagan und seine Anwälte in Amerika sieben Firmen auf Schadenersatz verklagt - darunter die Kapruner Gletscherbahnen und Swoboda, den Hersteller der verbrannten Garnitur. Alle diese Firmen müßten auch vor das amerikanischen Gericht, zeigte sich Fagan in Salzburg überzeugt: "Diese Richterin arbeitet sehr schnell. Sie hat jetzt entschieden, daß die deutsche Siemens AG und Bosch-Rexroth vor Gericht müssen. Jetzt arbeitet sie an den nächsten Ent- scheidungen. In zwei bis vier Monaten sollte feststehen, welche Firmen vor Gericht müssen. Ich glaube, daß dann in neun Monaten der Prozeß beginnt."

Den Firmen stünden im Fall einer Verurteilung auf jeden Fall hohe Schadenersatz-Zahlungen bevor, ist Jürgen Hinterwirth, der Salzburger Partner von Ed Fagan, überzeugt. Denn zum einen entscheide die amerikanische Richterin bei jeder einzelnen Firma, ob für sie amerikanisches, deutsches oder öster- reichisches Recht gilt.
Und zum anderen legten alleine die sechs Geschworenen in New York die Höhe des Schadenersatzes an die Hinterbliebenen der Kaprun-Opfer fest, sagt Hinterwirth: "Unserer Meinung nach heißt das, daß bei einem Verfahren in Amerika die Jury, die dort an keine Obergrenzen gebunden ist, daß also die Jury dort sich auch bei den Firmen, wo unter Umständen österreichisches Recht Anwendung findet, sich nicht an die von der österreichischen Judikatur vorgegebenen Grenzen halten wird. Keiner kann sich vor- stellen, daß diese Jury nur deshalb, weil sie bei einem Beteiligten österreichisches Recht anwenden muß, diesem Beteiligten nur 10.000 Dollar zuspricht."

Deshalb hätten die angeklagten Firmen auch schon eine außergerichtliche Einigung über Schadener- satz angeboten, sagte Fagan. Doch der US-Anwalt will hart bleiben und den Prozeß durchziehen: "Wir werden zu Gericht gehen. Das wird ein Prozeß werden, der an den Universitäten gelehrt wird."

KAPRUN: Prozeß in USA nach österreichischem Recht
New York, 08.08.2002
Im Zivilverfahren um Schadenersatzansprüche nach der Seilbahnkatastrophe von Kaprun gibt es nun ein Urteil aus den USA: Der Rechtsstreit von Ed Fagan gegen die Siemens AG ist am Bezirksgericht von New York auszutragen.
Zugleich wurde aber auch entschieden, daß das österreichische Schadenersatzrecht anzuwenden ist, was bedeutet, daß Fagan die wiederholt in Aussicht gestellten Millionenbeträge niemals erstreiten wird können.

Die Richterin ging dann ausführlich darauf ein, welches Recht zur Anwendung kommen müsse. Es sei das Recht jenes Staates anzuwenden, der das größte Interesse am Ergebnis des Verfahrens habe. Und das sei eindeutig Österreich.
"Österreich ist nicht nur der Ort des Unglücks, sondern es ist klar, daß Österreich das weit größere Interesse an diesem Prozeß hat - viele, wenn nicht die meisten der 155 Toten waren Österreicher und die Sicherheit der Österreichischen Transportmittel ist betroffen", heißt es in dem Beschluß.
Außerdem hätten die beschuldigten Firmen die meisten der angeblich schädigenden Handlungen in der Alpenrepublik gesetzt.
Da das österreichische Recht ein niedergeschriebenes sei, sehe sie sich in der Lage, dieses auch anzuwenden. Margarete Endl, eine Mitarbeiterin des US-Anwaltes Ed Fagan, sprach von einem "totalen Sieg".
Siemens ist das erste Unternehmen, bei dem nun die Frage des Gerichtsstandortes definitiv entschie- den sei. Schon demnächst sei auch bei Bosch-Rexroth eine Entscheidung zu erwarten. Endl erwartet einen ähnlichen Beschluß. Daß österreichisches Recht zur Anwendung kommt, war Endl noch nicht bekannt.

Kaprun-Prozeß: Sommerpause bis September
Salzburg, 20.07.2002
Gestern ging der Prozeß um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun in die Sommerpause. Fünf Wochen ist bereits verhandelt worden, Mitte September wird das Verfahren um das Unglück mit 155 Toten fortgesetzt.
Nachdem die ersten Prozeßwochen eher ruhig verlaufen waren, kamen in den letzten 14 Tagen die Überraschungen zuhauf: unbekannte Akten, überraschende Zeugen, Anzeigen von Anwälten gegen Anwälte.

Ohne die vorhergesagte Aufregung war sie Mitte Juli gestartet, die gerichtliche Aufarbeitung der Glet- scherbahnkatastrophe vom November 2000.
Kein Aufstand der Hinterbliebenen wegen zu weniger Plätze im Gerichtssaal, keine Beschimpfungen, keine Beleidigungen an die Adresse der 16 Beschuldigten.
Diese sehen sich - wenig überraschend - allesamt unschuldig an dem Brand. Und reichen dabei die Ver- antwortung immer an den Nächsten weiter. In diesem Kompetenzwirrwarr die Wahrheit zu finden und ein Urteil zu fällen ist keine leichte Aufgabe für Richter Manfred Seiss. Dieser führt das Verfahren souverän und fair.

Größter Aufreger zu Anfang des Verfahrens war die Nominierung des US-Anwalts Ed Fagan als Zeuge, daraufhin mußte dieser den Gerichtssaal verlassen.
Dieses normale Prozedere nach österreichischer Strafprozeßordnung nützten Fagan und dessen deut- scher Anwaltspartner Michael Witti nun zu Schmutzkübelkampagnen gegen die österreichische Justiz. Das Ziel der beiden scheint klar: um jeden Preis einen Prozeß um Schadenersatz in den USA zu er- reichen. Auch um den Preis aus der Luft gegriffener Anschuldigungen.

Kaprun-Prozeß: "Heizlüfter lief nicht während der Fahrt"
Salzburg, 19.07.2002
Beim Kaprun-Prozeß wurde am Donnerstagabend ein Mitarbeiter der Gletscherbahnen über den Heiz- lüfter befragt, der den Brand in der Seilbahn ausgelöst haben soll. Der Heizlüfter sei während der Fahrt nicht gelaufen, sagte der Mitarbeiter.

Am Abend, nach seiner Revisionsfahrt, habe er den Heizkörper im Führerstand jedes Mal direkt unten am Gerät ausgeschaltet. "Der Maschinist hat mich jedes Mal gefragt, ob ich ihn abgedreht habe, sonst wäre er ja die ganze Nacht durchgelaufen", bestätigte der Mann. Während der Fahrt sei der Heizlüfter nicht gelaufen, in der Station habe er sich automatisch wieder eingeschaltet. Ein Seilbahntechniker der Firma Siemens bestätigte, daß der Heizlüfter in den Stationen über das Stromnetz gespeist wurde. Elektrotechnisch gebe es keinen Unterschied, wenn der Heizkörper nicht am Pultschalter des Führer- standes, sondern am Gerät selbst ausgeschaltet werde.
Eine Kommunikationsvorrichtung zwischen Führerstand und dem Fahrgastraum sowie eine Videoüber- wachung war zum damaligen Zeitpunkt bei Standseilbahnen nicht üblich. Das Gefahrenbild "Brand" sei auch nicht erkennbar gewesen, erklärte der Seilbahntechniker.
Im Januar 1999 hatte die GBK bei der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen eine kostenlose Präventionsbetreuung von Sicherheitsfachkräften beantragt.
Warum die Begehung erst im Dezember 2000, also nach dem Unglück stattfand, wollte Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat von einem Juristen der Versicherung, der bisher noch nicht vernommen worden war, wissen. Der Zeuge: "Es gab organisatorische Probleme, um Sicherheitsfachkräfte zu rekrutieren". Die Gletscherbahnen Kaprun würden keine Schuld an dieser Verzögerung haben.

Kaprun-Prozeß: Witti bittet Schröder um Hilfe
Salzburg, 19.07.2002
Der deutsche Rechtsanwalt Michael Witti, der nach dem Unglück von Kaprun nach eigenen Angaben rund 40 Familien deutscher Opfer und Überlebender vertritt, bittet nun in einem Schreiben den deut- schen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) um Hilfe.

In einem der APA vorliegenden Brief schreibt Witti, es gehe um "den aus Sicht der Mandanten mangeln- den Rechtsschutz deutscher Staatsbürger in der Republik Österreich", schreibt Witti.
Der Anwalt beklagt eine "für die hinterbliebenen und überlebenden deutschen Staatsbürger äußerst un- zufriedene Entwicklung". Seine Mandanten seien nicht mehr länger bereit, dies hinzunehmen und "bit- ten deshalb eindringlichst um Ihre Hilfe".
Witti regt an, daß jemand aus dem Bundeskanzleramt die Protokolle der Hauptverhandlung lesen solle. "Sie werden dann über Zustände bei der Gletscherbahn Kaprun für sich selbst sprechende Fakten er- fahren", heißt es in dem Schreiben. Es sei dann Schröder anheim gestellt, inwieweit "zum Schutz der deutschen Staatsbürger im hiesigen Verfahren Intervention geboten ist".

In dem vier Seiten umfassenden Brief berichtet Witti von Leichenteilen der Verstorbenen, die "klamm- heimlich" in einem namenlosen Grab auf dem Friedhof der Stadt Salzburg bestattet worden seien. Anträge auf Exhumierung seien seitens des Landesgerichtes Salzburg "heruntergespielt" und abgelehnt worden. Witti beklagt außerdem, daß der Gerichtsakt keine Hinweise auf Erhebungen des amerika- nischen Militärs enthält.
In dem Brief wird auch auf die elf Ordner, Videobänder und Fotografien der Kriminaltechnischen Zentral- stelle, die am vergangenen Donnerstag überraschend aufgetaucht sind, verwiesen. Witti stellt die Frage nach einem "Ermittlungsfehler" und führt an, daß das strafrechtliche und zivilrechtliche Verfahren um Monate zurückgeworfen werde.

Kaprun-Prozeß: Strafanzeige gegen Ed Fagan
Salzburg, 18.07.2002 (BA)
Die Gletscherbahnen Kaprun werden Strafanzeige gegen Ed Fagan und seinen Kompagnon Michael Witti einbringen. Die Anwälte würden mit falschen Behauptungen versuchen, jenes amerikanische Ge- richt zu täuschen, das sich mit den Ansprüchen von Hinterbliebenen befaßt.

Der renommierte Wiener Anwalt Manfred Ainedter wird namens der Gletscherbahnen Kaprun AG bei der Staatsanwaltschaft Wien die Strafanzeige gegen einbringen.
Der Tatbestand des Prozeßbetrugs sei erfüllt. Die beiden Anwälte würden mit falschen Behauptungen versuchen, jenes amerikanische Gericht zu täuschen, das sich mit den zivilrechtlichen Ansprüchen von Hinterbliebenen der Seilbahnkatastrophe befassen soll, sagte Ainedter am Donnerstag im Gespräch mit der APA.

"Dem unglaublichen Treiben des Selbstdarstellers Fagan und seines Handlangers Witti muß endlich ein Ende gesetzt werden. Bei aller Tragik der Katastrophe von Kaprun kann es nicht angehen, daß die bei- den Anwälte versuchen, Kapital aus menschlichem Leid zu schlagen und dabei nicht davor zurück- schrecken, das gesamte österreichische Justizsystem zu besudeln", formulierte Ainedter.

Im Wesentlichen geht es um Wittis Eidesstattliche Erklärung, die bereits Gegenstand einer disziplinar- rechtlichen Untersuchung ist, die Fagan inzwischen einem New Yorker Bezirksgericht vorgelegt hat, so- wie um einen Schriftsatz Fagans. Auf fast 15 Seiten hat Witti 42 Punkte aufgelistet, "die nachweislich falsch sind", sagte Ainedter.
Neben der Behauptung, Fagan wäre aus dem in Salzburg anhängigen Strafverfahren "geworfen" worden, schreibt Witti, die im amerikanischen Verfahren Beklagten hätten amerikanische Kläger daran gehin- dert, daß bei der Verhandlung in Salzburg ihr persönlicher Vertreter anwesend sein durfte.

Weit massiver scheint der von Witti erhobene Vorwurf, die Firmen Gletscherbahnen Kaprun AG, Swobo- da und Siemens hätten sich "mit gewissen österreichischen Regierungsbeamten" zu Handlungen ver- abredet, um Beweismittel, die mit der Tragödie vom 11. November 2000 in Zusammenhang stehen, zu beseitigen, auszutauschen, abzuändern oder dem Gericht vorzuenthalten.
Fagan hat unterdessen auf schriftlichem Weg wissen lassen, das amerikanische Gericht könne sich nicht auf die Integrität des österreichischen Justizsystems verlassen.
"Mit diesen Unwahrheiten wird versucht, dem amerikanischen Gericht weiszumachen, Österreich sei eine Bananenrepublik, wo die Opfer keine Rechte genießen und Täter mit Beamten kollaborieren", zeigt sich Ainedter darüber empört.

Fagan meint außerdem, es wäre bisher keine Schadensgutmachung erfolgt. "Gänzlich unwahr", kontert Ainedter, "schon im Dezember 2000 sind die ersten namhaften Zahlungen geflossen. Im September 2001 hat die Gletscherbahnen AG die Haftung für unfallkausale Schäden anerkannt. Mit Stichtag 30. Juni 2002 sind 55 Millionen Schilling zur Auszahlung gelangt."
Ainedter glaubt, Fagans Strategie durchschaut zu haben. "Er will mit seiner Darstellung die Zuständig- keit des amerikanischen Gerichts begründen". Da dort die Schadenersatz-Sätze weit höher wären als in Österreich, würde der auf Honararbasis arbeitende US-Anwalt natürlich auch persönlich davon profi- tieren.

Kaprun-Prozeß: Überraschende Zeugin aufgetaucht
Salzburg, 18.07.2002
Am vorletzten Tag des Kaprun-Prozesses vor der Sommerpause ist heute überraschend eine Frau aus Kaprun aufgetaucht, die angekündigt hat, die ganze Wahrheit über die Gründe für die Gletscherbahn- katastrophe aussagen zu wollen.

Diese Zeugin, Ehefrau eines Angestellten der Kapruner Bahn, sagt, daß bei den Revisionen der Züge in den letzten Jahren nicht mehr ordentlich gearbeitet worden sei. Als gläubige Christin müsse sie nun ihr Gewissen erleichtern und alles erzählen, sagte die Frau zu ihrem heutigen überraschenden Auftritt vor Gericht.
Ihr Mann, inzwischen in Pension, habe gesagt, die Chefs der Gletscherbahn würden lügen, er hingegen kenne die Wahrheit. Diese Wahrheit, über immer kürzer dauernde Revisionsarbeiten, habe sich ihr Mann vor Gericht nicht zu sagen getraut. Denn die Gletscherbahn hätten Druck auf ihn ausgeübt.
Nun sei sie hier, um mit der ganzen Wahrheit den Opfern der Brandkatastrophe zu helfen. Als Ehefrau eines Kaprun-Bediensteten habe sie die immer kürzer werdenden Revisionen an der Gletscherbahn mit- bekommen, sagt die 58 Jahre alte Frau aus Piesendorf. Unter dem ehemaligen Betriebsleiter sei alles noch viel umfangreicher und ordentlicher abgelaufen. Doch seit der jetzige und mitbeschuldigte Betriebs- leiter im Amt sei, sei es mit der Bahn bergab gegangen.
Diese Wahrheit, über immer kürzer dauernde Revisionsarbeiten, habe sich ihr Mann vor Gericht nicht zu sagen getraut. Denn die Gletscherbahn hätten Druck auf ihn ausgeübt.
Was die Aussage der Frau nun für den Prozess bedeutet, ist noch nicht klar. Die Zeugin gibt nämlich nur wieder, was sie über ihren Mann und den ehemaligen Betriebsleiter erfahren hat. Eigene Beobach- tungen kann sie nicht vorweisen. Viel entscheidener für das Verfahren als diese Aussage scheint jeden- falls die Einschätzung der Gutachter zu werden.

Kaprun-Prozeß: Neues Beweismaterial wurde erstmals gesichtet
Salzburg, 18.07.2002
Im Prozeß um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun haben am Mittwoch die Verteidiger der 16 Be- schuldigten erstmals die Gelegenheit, das vergangene Woche überraschend aufgetauchte Beweis- material zu sichten. Der Inhalt dieser 11 Aktenordner sei hochinteressant, sagt Philipp Längle, er ist einer der Verteidiger des technischen Direktors der Gletscherbahn.
"Soweit ich also das Material sichten konnte, handelt es sich dabei um sehr bedeutsames Material. Ich bin überzeugt, daß sich auch die Sachverständigen nicht vor den Ergebnissen dieser Unterlagen ver- schließen werden können. Eine Wende im Verfahren wäre vielleicht übertrieben aber ich glaube, daß doch etliche Aussagen in den Gutachten einer Überarbeitung werden bedürfen", sagt der Verteidiger Längle.

Kaprun-Prozeß: Disziplinaranzeige gegen Anwalt Witti beantragt
Salzburg, 16.07.2002
Mehrere Verteidiger haben am Dienstag angekündigt, den deutschen Rechtsanwalt und Kompagnon von Ed Fagan, Michael Witti, bei der Rechtsanwaltskammer und bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen.

In einer eidesstattlichen Erklärung an ein amerikanisches Gericht behauptet Michael Witti, der Prozeß in Salzburg würde von den 16 Beschuldigten und deren Verteidigern absichtlich verzögert. Weiter hieß es in der Erklärung unter Punkt 6, daß "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist". Damit würden die Opferfamilien keine Chance auf ein rasches Schadenersatz-Verfahren haben.
Richter Manfred Seiss hat diese Anschuldigungen bereits zurückgewiesen und nennt diese "unseriös und falsch". Die eidesstattliche Erklärung umfaßt 15 Seiten. Darin sind enthalten: Vorwürfe an die öster- reichische Justiz und Ermittlungsbehörden.
Weiter ist von einer Vertreibung Ed Fagans aus dem Prozeß die Rede, von bewußter Verzögerung des Verfahrens durch die Verteidiger der 16 Beschuldigten, von unzureichenden Möglichkeiten, seine Klien- ten hier vor Gericht zu vertreten. Das alles - so Witti - ende damit, daß die Familien der Opfer lange Jahre auf Schadenersatz wären müßten.
Diese Erklärung Wittis an das New Yorker Gericht zielt darauf ab, die Schadenersatzverfahren in Ame- rika abwickeln zu können. Denn dort wären die zugesprochenen Summen weitaus höher als in Öster- reich.

Richter Manfred Seiss meinte, daß falsche Behauptungen, die eidesstattlich nach Amerika versandt werden, sehr zum Nachteil von gewissen Personen sein könnten - und es gehe um sehr viel Geld.

Anwalt Rene Musey forderte, daß das Schriftstück von Witti dem Landesgericht zugeführt werde und bat um Klarstellung in rechtlicher Hinsicht. Ein Privatbeteiligtenvertreter verlangte außerdem, daß die Staatsanwaltschaft dazu Stellung beziehen sollte.
Richter Manfred Seiss beschwerte sich, daß die Privatbeteiligtenvertreter nicht immer anwesend seien. Es sei nicht eindeutig geklärt, welche und wie viele Angehörige Witti und sein Salzburger Kollege Jür- gen Hinterwirth eigentlich vertreten. Richter Manfred Seiss: "Die Privatbeteiligtenvertreter gehen ein und aus, da müßte ich alle 15 Minuten unterbrechen. Es ist sensationell, was sich auf dieser Seite abspielt. Es gibt Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen, die draußen mehr Zeit verbringen als im Gerichtssaal."

Er verliere auch manchmal den Überblick, wer diese Kanzleien vertrete, so der Richter, der eine Über- sicht der zu vertretenden Angehörigen einforderte. Anwalt Peter Lechenauer meinte, laut Strafprozeß- ordnung dürfe so etwas überhaupt nicht passieren.
Die Kopierstelle des Landesgerichtes Salzburg sei nicht in der Lage, Farbkopien aus den überraschend aufgetauchten Unterlagen herzustellen, so Seiss.
Deshalb soll ein Negativscanner angeschafft werden. Bezüglich der Kopien der Pläne sei man noch nicht schlüssig geworden. Jedenfalls würde das Vervielfältigen der anderen Unterlagen allein ein bis zwei Wochen dauern.

Kaprun-Prozeß: Vernehmungen zu Bergeübungen und Transporten
Salzburg, 15.07.2002
Wegen der Unterbrechung der Verhandlung nach dem Kreislauf-Kollaps des beschuldigten Betriebs- leiters konnten am Montagvormittag nur zwei der fünf vorgesehenen Personen vernommen werden. Am Nachmittag folgten weitere Vernehmungen.
Zwei Mitarbeiter der Gletscherbahn Kaprun standen am Montagvormittag vor Gericht. Beide hatten am Tag der Katastrophe Dienst. Die gestellten Fragen der Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat, der Vertei- diger und der Privatbeteiligten-Vertreter betrafen hauptsächlich die Durchführung von Bergeübungen vor dem Unglückstag. Außerdem ging es darum, ob im Einstiegsbereich und im Führerstand der "Kitzstein- gams" geraucht wurde, ob Materialtransporte durchgeführt wurden und ob es Störungen des Puffer- schalters gegeben habe.

Einmal im Jahr habe man in der Bergstation besprochen, welche Vorkehrungen in Notfällen zu treffen seien, erklärte der 49-jährige Stationswart. Er befand sich zum Zeitpunkt der Katastrophe in der Tal- station. "Bei Bergeübungen habe ich nicht teilgenommen", sagt er. Auch sein Kollege, der stellertre- tende Betriebsleiter der GBK, gab an, es habe keine Katastrophenübungen im Tunnel gegeben.
"Die Mitarbeiter wurden in der Bergstation darauf aufmerksam gemacht, wo sich die Leuchtstäbe be- finden und wie die Türen nach einem Stromausfall zu entriegeln sind.
Dann noch stundenlang durch den Stollen die Stufen runterzugehen, ist übertrieben, meinte der 50- jährige Techniker. Er bestätigte auch, daß vor dem verheerenden Unglück keine Übungen mit Atem- schutzgeräten durchgeführt wurden. Er wisse auch nicht, ob am Unglückstag welche vorhanden waren. Nirgendwo habe es eine Vorschrift gegeben, daß sie das haben müssen. "Wir haben auch nicht ge- dacht, daß wir sie brauchen werden."

In den Führerständen herrschte Rauchverbot. Trotzdem hat man Kübel mit Zigarettenstummeln gefun- den. Während seiner Einvernahme verstrickte sich der stellvertretende Betriebsleiter in Widersprüche: "In meiner Gegenwart hat dort sicher keiner geraucht", sagte der Zeuge zu einem Verteidiger. Obwohl er kurz zuvor angegeben hatte, der könne nicht hundertprozentig ausschließen, daß jemand in seiner An- wesenheit geraucht hat.
"Wenn ich oben in der Bergstation war, hat es schon vorkommen können, daß jemand im Führerstand geraucht hat." Er habe gewußt, daß dort das Rauchen gefährlich war.
Ob in den Abteilen der Bahn geraucht wurde hat der Stationswart nicht gesehen. "Im Einstiegsbereich, wenn dort nur 50 bis 60 Fahrgäste warteten, war es schon möglich, daß jemand geraucht hat. Es waren ja auch Aschenbecher dort."

Beide Zeugen bestätigen die Durchführung von Lastentransporten in einem eigenen Lastenabteil, sowohl während als auch nach der Betriebszeit der Standseilbahn. "Es wurde Baumaterial, angefangen von Fliesen bis zu Lüftungskanälen, hinaufgebracht", sagt der Stationswart.
Das stehe alles im Betriebstagebuch. Auch im Führerstand seien Kleinigkeiten mitgeführt worden. Im Lastenabteil sei auch um die Mittagszeit Treibstoff mitgeschickt worden. "Gasflaschen durften allerdings nur mit Sondertransporten ohne weitere Personen hinaufgebracht werden. Das steht in der Betriebsvor- schrift."
Ein anderer Zeuge bestätigte diese Aussage. Er sagte, bei Gefahrengut hätten sich keine Fahrgäste in der "Kitzsteingams" befunden.

Zwei Tage vor dem Unglück stellte der Stationswart eine Pufferstörung fest, diese hatte den Stillstand der Bahn zu Folge. Am Tag der Katastrophe selbst sei ihm aber nichts bekannt geworden. Er habe den Gabelschalter per Hand wieder auf die richtige Position gestellt.
Der stellvertretende Betreibsleiter bestätigte diese Störung, die "zwei bis drei Tage vor dem 11. Novem- ber passiert war. So etwas ist belanglos, sie hat keine Auswirkung auf den Fahrbetrieb."

Am Montagnachmittag dann wurde der 61-jährige Kapruner Maschinenschlosser vernommen. Er arbei- tete von 1967 bis 2001 bei den Gletscherbahnen, auch als zweite Sicherheits- und Vertrauensperson. Er sagte Richter Seiss, daß es keinen Brandschutzbeauftragten gegeben habe. Feuerlöscher wären in der Berg- und Talstation sowie in den Führerständen vorhanden gewesen. Atemschutzgeräte habe es keine gegeben.
Während Schulungen sei auch über allgemeines Brandverhalten gesprochen worden. Er habe auch bei den Brandschutzübungen im Alpincenter teilgenommen. Beim Wagen habe es allerdings keine Übung gegeben. "Keiner hat damit gerechnet, daß es dort brennen kann. Ich persönlich auch nicht", sagte der Schlosser.
Er habe sich am Unglückstag in Lebensgefahr gebracht, als er mit einem Sanitäter über die Brücke zum brennenden Zug in den Stollen rannte, weil er die Bahn sichern wollte. Eine Explosion im oberen Bereich des Tunnels habe ihn von dem Vorhaben abgehalten.

Im Einstiegsbereich seien die Fahrgäste ermahnt worden, nicht zu rauchen. "Meiner Meinung nach ha- ben die Wagenbegleiter im Zug sicher nicht geraucht", betonte der Zeuge. Störungen in der Pufferanlage seien ab und zu vorgekommen. Die Bahn sei im Top-Zustand gewesen, die Revisionsarbeiten wurden durch den verantwortlichen Betriebsleiter der GBK auf alle Fälle mit gleicher Sorgfalt überprüft wie es sein Vorgänger getan habe. Materialtransporte habe er nicht beobachtet, "die Gasflaschen wurden abends befördert." Nach den Betriebszeiten wurden gelegentlich Sondertransporte durchgeführt.

Eine 44-jährige Wiener Bankangestellte gab bei ihrer Zeugenaussage an, sie habe beim Einsteigen in die Standseilbahn im Mai 2000 beobachtet, wie im unteren Führerstand 15 bis 20 weiße Kanister mit Flüssigkeit eingeladen wurden. Ein Jahr später, als sie wieder im Mai auf das Kitzsteinhorn fuhr, hätten ihr mehrere Leute erzählt, daß in der Woche vor der Brandkatastrophe der Wagen mehrmals gestockt und ruckartig zusammengebremst habe. Diese Leute hätten im Stollen auch Brandgeruch wahrge- nommen.
Nur wenige Tage vor dem Unglück sei sie selbst mehrmals mit der Bahn bergwärts gefahren. Dabei sei sie einmal nach einem Viertel der Strecke zum Stillstand gekommen. "Es war komplett finster. Es ist keine Information gekommen." Dann sei der Zug weitergefahren.

Kaprun-Prozeß: Beschuldigter bricht zusammen
Salzburg, 15.07.2002
Wieder Aufregung beim Kaprun-Prozeß: Am Montagvormittag ist der beschuldigte Betriebsleiter auf sei- nem Sessel plötzlich zur Seite gekippt. Er dürfte eine Kreislaufschwäche erlitten haben.
Der Vorfall passierte während der Aussage eines Zeugen. Richter Manfred Seiss mußte die Verhand- lung unterbrechen, als er sah, daß der Betriebsleiter zur Seite kippte. Der 41-jährige Mann wurde von den Anwesenden versorgt, ein Notarzt gerufen. Nachdem er auf den Boden gelegt wurde, erholte sich der Mann rasch von seinem Schwächeanfall, er wurde anschließend aus dem Saal geführt. Der Prozeß konnte nach einer halben Stunde wieder fortgesetzt werden.

Die 6. Verhandlungswoche hatte schon zuvor zusätzliche Brisanz bekommen. Am vergangenen Don- nerstag war plötzlich neues Beweismaterial aufgetaucht. Das Gerichtsverfahren dürfte durch diese neu- en Beweismittel nicht nur länger dauern, es wird auch teurer.
Jener Beamte, der am Donnerstag die Aktenordner in seinem Auto nach Linz gebracht hatte, ist mittler- weile vorübergehend vom Dienst suspendiert worden. Ihm könnte Beweismittelunterdrückung vorge- worfen werden.
Während im Exekutivbereich untersucht wird, wie es dazu kommen konnte, daß in der Hauptverhand- lung plötzlich neue Ermittlungsunterlagen bekannt werden, müssen sich Richter, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwälte sowie die fünf Gutachter auf das Studium der Erkenntnisse der Kriminaltechnischen Zentralstelle vorbereiten, erklärt Richter Manfred Seiss. "Die Sachverständigen müssen das Aktenma- terial der KTZ sichten und in ihre Gutachten einarbeiten - ob das Material Auswirkungen hat oder nicht", sagt Richter Seiss.

Noch in der Nacht zum Samstag wurden die elf Aktenordner und der Karton mit den Videobändern ver- schnürt und versiegelt in den Panzerschrank in das Kolpinghaus überstellt. Auch die Rechtsanwälte der Beschuldigten wollen das neue Beweismaterial.
"Nahezu alle Verteidiger haben eine komplette Kopie des aufgetauchten Materials verlangt. Das bedeu- tet einige Tausend Kopien, auch kompliziertere, da große Pläne dabei sind. Auch die Videobänder müs- sen kopiert werden", sagt Richter Manfred Seiss dazu.
Der Prozeß um den Tod von 155 Menschen beim Brand der Standseilbahn wird ab Montag mit der Ver- nehmung von 21 Zeugen fortgesetzt.
"Es sind sowohl Zeugen der Verteidigung als auch Zeugen der Anklage dabei. Es sind Zeugen aus dem Bereich der Gletscherbahnen und Zeugen, die Fahrten auf der Bahn beobachtet haben, Urlauber, Ski- fahrer und andere Personen", sagt Seiss.
Freitagmittag soll die erste Phase im Prozeß um die Brandkatastrophe von Kaprun abgeschlossen sein.

Kaprun-Prozeß: Ermittlungen wegen aufgetauchter Akten
Salzburg, 13.07.2002
Nach dem Wirbel um die aufgetauchten Unterlagen zum Kaprun-Prozeß wird nun von der Staatsanwalt- schaft gegen die Kriminaltechnische Zentralstelle (KTZ) des Innenministeriums ermittelt. "Für uns ist es belanglos, wer die Anzeige erstattet. Jedenfalls kam gestern schon eine von einem Verteidiger der Be- schuldigten. Sollte sich herausstellen, daß die KTZ Unterlagen nicht geliefert hat, dann kommen wir in eine kritische Phase", sagte Erster Staatsanwalt Friedrich Ginthör Freitagabend gegenüber der APA.

Die Kriminaltechnischen Zentralstelle im Innenministerium betont, beim Kaprun-Prozeß keine Beweise unterdrückt zu haben. Trotzdem hat ein Verteidiger die Beamten angezeigt und auch das Landesgericht will eine Untersuchung zur Vorgangsweise.
Ginthör ist über das Verhalten der Beamten der Kriminaltechnischen Zentralstelle KTZ im Innenministe- rium in Wien empört. Ein Beamter hatte ja in seinem Kofferraum elf Ordner und eine Schachtel mit teil- weise unbekannten Akten zum Prozeß mitgebracht: "Das ist ein Eklat, der mich bestürzt, weil wir bei der Anklage-Erhebung davon ausgegangen sind, daß der Gerichtsakt vollständig ist. Welcher Art die in Linz aufgetauchten Akten sind, kann ich nicht beurteilen. Wenn darin aber Unterlagen sind, die nicht ans Gericht gekommen sind, ist das skandalös."

Bei den Dokumenten handle es sich lediglich um "Duplikate und Ablichtungen von frei zugänglichen Schaltplänen", die sich die Beamten für weitere Fälle angefertigt hätten, um auf die Erfahrungen zurück- greifen zu können, verteidigt sich Chefinspektor Robert Sturm im Innenministerium. Den Beamten sei nichts vorzuwerfen, sagt Sturm: "Sie sind davon ausgegangen, daß sie sowieso frei zugänglich sind." Von einer "Unterdrückung von Beweismitteln" könne man daher nicht sprechen. Der Chefinspektor räumte aber ein, daß die Kommunikation "nicht sehr glücklich" gewesen sei.
Salzburgs Landesgerichtspräsident Walter Grafinger betonte allerdings, daß er an Innenminister Ernst Strasser eine formelle Anfrage richten werde, wie es dazu kommen konnte, daß beim Kaprun-Prozeß von Seiten der KTZ Unterlagen vorgelegt wurden, obwohl die Untersuchungsrichterin diese zwei Mal schriftlich ersucht hatte, alles zu übermitteln.
Für den Grafinger ist die ganze Vorgangsweise völlig unverständlich: "Jemand, der im Auftrag der Repu- blik handelt und zwei Mal schriftlich (Februar und Mai 2001) aufgefordert wird, alle Unterlagen zu über- mitteln, sagt dann ein Jahr später 'jetzt hab' ich noch etwas' - das ist für mich unverständlich".

Der Salzburger SPÖ-Nationalratsabgeordnete Johann Mayer hat am Freitag noch zwei schriftliche parla- mentarische Anfragen zur Aufklärung der Ungereimtheiten im Kaprun-Prozeß ein, und zwar an den In- nenminister und an den Justizminister.

In der Sommerpause des Kaprun-Prozesses im August werden die noch nicht bekannten Unterlagen durchgesehen.
Der Prozeß werde dadurch nach den Gerichtsferien länger als die geplanten vier Wochen im Herbst dauern, sagt Richter Manfred Seiss. Daß der Prozeß platzen könnte, glaubt Staatsanwalt Ginthör nicht. Jetzt würden die Sachverständigen einmal Zeit benötigen, um das Material zu sichten.
Prozeßbeobachter haben am Mittwoch berichtet, daß die Stimmung zwischen den Beamten der KTZ und den Gerichtssachverständigen sehr gespannt gewesen sei.
Daß das der Grund für die Übergabe der Akten just am Prozeßtag in Linz sei, will Robert Sturm vom In- nenministerium aber nicht sagen: Konkurrenz zwischen Dienststellen und Einheiten sei "auf jeden Fall gut". Ob man sich gegenseitig behindert habe, das könne er aber nicht sagen. Im Innenministerium werde man der Sache auf den Grund gehen, so Sturm.

Auch zu Vorwürfen von US-Anwalt Ed Fagan, das Gericht sei nicht im Besitz aller Unterlagen, hatte der Gerichtspräsident immer wieder betont, daß dem nicht so wäre. Umso schockierender sei nun die Tat- sache, daß jetzt Unterlagen vorgelegt werden, deren Teile davon "die Sachverständigen noch nie gese- hen haben", sagt Grafinger. Einer der Verteidiger hat deshalb am Freitag Anzeige wegen Beweisunter- drückung erstattet.

Kaprun- Akten "Enorme Hilfe" für Verfahren in Amerika
Salzburg, 12.07.2002
Die Akten, die die Beamten des Kriminaltechnischen Zentrums am Donnerstag beim Kaprun-Prozeß vorgelegt haben, wären eine "enorme Hilfe" für ein Verfahren in Amerika. Das sagt Jürgen Hinterwirth, Partner von Ed Fagan in Österreich.
Fagan hatte schon vor Monaten angeblich verschwundenes Beweismaterial eingefordert. Im Begehren seines Salzburger Anwaltskollegen Hinterwirth wurde schon im Mai die Herausgabe des KTZ-Materials aus Wien verlangt - damals allerdings vergeblich: "Das ist leider wieder einmal der Beweis für Öster- reich, daß Vorerhebungen nicht so durchgeführt werden, daß alles bestens und ordnungsgemäß ist", sagt Hinterwirth, "Das ist bedauerlich, hilft für unser Zivilverfahren in Amerika aber enorm.
Einen besseren Trumpf hätte man für die Entscheidung des US-Gerichtes, ob es die Zuständigkeit über- nimmt, nicht liefern können."
Der Kofferraum voll mit verspätet gelieferten Kaprun-Akten leitet also Wasser auf die US-Zivilklage- mühlen von Ed Fagan. Noch im August wird die Entscheidung darüber fallen, ob sich ein New Yorker Gericht für zuständig erklärt. In dieser Zeit werden in Österreich gerade die neu aufgetauchten Akten ausgewertet.

Kaprun-Prozeß: Beklemmender Lokalaugenschein
Linz, 12.07.2002
Beim Prozeß um die Gletscherbahn-Katastrophe von Kaprun mit 155 Toten hat am Freitag einer der zwölf Überlebenden ausgesagt. Der Krankenpfleger aus Bayern schilderte den Hergang beim Lokalau- genschein am verrußten, aber intakt gebliebenen zweiten Wagen des Unglückszuges in Linz. Mit einem Kopfsprung aus dem Zug konnte sich der Mann retten. Ursprünglich sollten elf der Überlebenden aus- sagen. Neun von ihnen ließen sich jedoch entschuldigen: Sie hielten der psychischen Belastung nicht stand. Nach neun Absagen vom Donnerstag war am Freitag ein zehnter Überlebender der Katastrophe vom 11. November 2000 bereit, das Gletscherbahn-Unglück Vorort zu schildern.

Nach einer ersten Befragung begab sich das Gericht in den stark verrußten zweiten Zug, um sich die Situation während des Unglücks vom Zeugen schildern zu lassen. Zuvor hatten alle Verfahrensbetei- ligten blaue und weiße Schutzanzüge angezogen.
Volker Kohl, ein Krankenpfleger aus Vilseck, berichtete in der Befragung von einer Explosion, die er nach der Flucht aus dem Zug gehört habe. Außerdem habe es eine starke Druckwelle gegeben. Danach habe er auch einen zweiten "dumpfen Knall" bemerkt, sagte der Zeuge. Der Krankenpfleger war einer von insgesamt elf für Freitag geladenen Zeugen. Bis auf einen weiteren sagten alle anderen Überleben- den der Katastrophe aus "psychischen Gründen" ab.

Er sei als einer der Letzten in das letzte talseitige Abteil gestiegen, sagte der Zeuge. Zunächst wäre al- les unauffällig gewesen. Nach einem Halt im Tunnel habe man wenig später Rauchgeruch wahrgenom- men. Der Rauch sei talwärts gesehen aus dem linken unteren Eck des Führerstandes gekommen. Außerdem habe er außen links einen Flammenschein gesehen.
Er hätte gemeinsam mit den umstehenden Fahrgästen versucht, die Türen aufzubringen. Man habe nach Hebeln und Griffen gesucht, probiert, die Türen mit den Fingern oder Skistöcken aufzuzwängen. "Sie ist keinen Zentimeter aufgegangen", berichtete Kohl. Danach habe man versucht, ein Fenster ein- zuschlagen. "Wir haben zu dritt mit Skiern voll draufgehämmert."
Nach 30 bis 40 Schlägen sei es gelungen, ein kleines Loch in der Mitte der Scheibe zu schlagen. Mit den Händen habe man die Scheibe herausgebrochen und dann die zweite Schicht demontiert.

Kopfüber sei er dann in den Tunnel gesprungen. "Es war ein schwarzes Loch." Das einzige Licht wäre der Zug gewesen. Dann habe er versucht, nach unten zu flüchten. Mit den Skischuhen wäre er immer wieder ausgerutscht. Als er ein Stück vom brennenden Zug weg war, habe er eine erste Explosion wahr- genommen. "Es hat eine Druckwelle gegeben." Er habe sich an die Wand gepreßt. Der zweite Knall habe etwa die gleiche Intensität gehabt. Daraufhin sei er mit den anderen Überlebenden nach unten zum Tunneleingang geflüchtet. "Wir haben Angst gehabt, daß der Zug runterkommt." In dem Prozeß soll geklärt werden, wer von den 16 Angeklagten möglicherweise Schuld an dem Unglück trägt. Hydrauliköl aus undichten Leitungen entzündete sich an einem Heizlüfter, der vorschriftswidrig eingebaut worden war. Durch die "Kaminwirkung" im Seilbahntunnel stand der Zug blitzschnell lichterloh in Flammen. Für die meisten Ski- und Snowboardfahrer gab es kein Entrinnen.

Zum Schluß des Verhandlungstages legte Verteidiger Alexander Heinrich noch eine Urkunde des deut- schen Anwaltes Michael Witti vor. In dieser eidesstattlichen Erklärung Wittis, die bei einem amerika- nischen Gericht vorgelegt wurde, heiße es unter Punkt sechs, daß "Ed Fagan aus dem Strafverfahren vertrieben worden ist", zitierte Richter Manfred Seiss. Er werde die Akten studieren und allenfalls einer strafrechtliche Beurteilung unterziehen, sagte der Richter. Am kommenden Montag wird der Kaprun- Prozeß mit der Befragung weiterer Zeugen im Kolpinghaus fortgesetzt.

Kaprun - Ortstermin an Zuggarnituren
Linz, 12.07.2002
Ein hohes Stahlgitter trennt die abgelegene Halle auf dem Gelände der VOEST in Linz in zwei Teile. Auf der einen Seite wurde mit Tischen und Stühlen ein improvisierter Gerichtssaal eingerichtet, auf der an- deren Seite liegen die Beweismittel: Der komplett verrußte "Gletscherdrache" und dahinter das Brand- relikt der "Kitzsteingams".
Rund um die beiden Zuggarnituren werden weitere Beweismittel aufbewahrt: Abmontierte Räder, aus- gebaute Türen, Metallteile in unterschiedlichen Größen, Säcke mit Brandschutt. Überall sind Spuren von Asche zu sehen, verkohlte Metallteile liegen herum. Die einzelnen Stücke sind nummeriert oder beschriftet.

Der Unglückszug ist ein zusammengeschmolzenes, flaches Metallgebilde. Auch mit viel Fantasie kann man sich kaum vorstellen, daß das einmal eine Seilbahngarnitur gewesen sein soll.
Immer wieder gehen Angehörige in einer Prozeßpause in den abgesperrten Bereich, um jene Garnitur genau anzusehen, in der ihre Lieben am 11. November 2000 gestorben sind.
An der Garnitur hinterließen Angehörige im Herbst vergangenen Jahres Kerzen für die Opfer. Damals war den Hinterbliebenen in der Halle das Untersuchungsergebnis der Gutachter mitgeteilt worden. Sie habe schon einmal alles gesehen, doch der Donnerstag wühle wieder alles auf, meinte eine Frau betrof- fen, die Verwandte bei dem Unglück verloren hatte.
Auch die Anwälte der Beschuldigten stellten sich auf den Lokalaugenschein ein: Manche hatten blaue Arbeitsmäntel dabei, andere hatten schon in der Früh ihre dunklen Anzüge gegen Arbeitsoveralls ge- tauscht.

Kaprun-Prozeß: Beweise unterdrückt?
Linz, 12.07.2002
Knalleffekt beim Kaprun-Prozeß: Verteidiger Peter Lechenauer wirft dem Leiter der Kriminaltechnischen Zentralstelle Unterdrückung von Beweismitteln vor. Ein Beamter ist mit einem Kofferraum voll teilweise unbekannter Akten zur Verhandlung gekommen.
Die Beamten der Kriminaltechnischen Zentralstelle im Innenministerium standen im Mittelpunkt der Ver- handlung in Linz. Diese waren die ersten am Brandort im Gletscherbahntunnel. Einer dieser Zeugen hat in seinem Auto auch noch elf Ordner mit neuen Akten zu den Ermittlungen nach Linz mitgebracht. Unter ihnen seien auch Dokumente, die nicht im Gerichtsakt erschienen, befand Richter Manfred Seiss nach einer ersten Sichtung. Diese Akten sollen in der Sommerpause des Prozesses genauer ausge- wertet werden.

"Hätten Beweise selbst besorgen können"
Das Beweismaterial sei den vom Gericht bestellten Gutachtern nicht zur Verfügung gestanden, weil diese mit dem Innenministerium nicht mehr zusammenarbeiten wollten, sagte Volker Edlinger, Leiter des KTZ. Die Zusammenarbeit seiner Mitarbeiter mit den Sachverständigen sei beendet worden, die Gutachter hätten sich deshalb diese Unterlagen ja selbst besorgen können, so sein Argument.
Als ihm Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat vorwirft, er habe in einem Schreiben an Untersuchungs- richterin bestätigt, alle Unterlagen vorgelegt zu haben, meint Edlinger nur lakonisch: "Dazu sage ich nichts mehr".

Großes Medien- und Hinterbliebenen-Interesse löst beim Kaprun-Prozeß der Lokalaugenschein in Linz aus. Dort sind in einer großen Lagerhalle auf dem Voest-Gelände der verbrannte und der noch intakte Waggon der Gletscherbahn aufgebaut. 120 Personen sind zu diesem Lokalaugenschein nach Linz ge- kommen.
Die Werkshalle der VOEST wird an beiden Tagen besonders gut überwacht. Donnerstagfrüh hat ein Suchhund die Halle und das umliegende Gelände nach Sprengstoff abgesucht, in der Halle sind mehrere Videokameras versteckt, die das Geschehen aufzeichnen. Immerhin, so die Verantwortlichen, seien die dort aufgestellten Gegenstände, unverzichtbare Beweisstücke für den Prozeß.

Andere Brandursache?
Für Strafverteidiger Wilfried Haslauer ist das Verhalten der Ermittler des KTZ ein Skandal: "Die Unter- suchungen über die Unfallursache basieren auf Vermutungen, basieren auf einem intakten Vergleichs- zug. Und wir wissen bis heute nicht, ob in diesem Vergleichszug die Verhältnisse identisch waren zum abgebrannten Zug.
Wenn die Beamten als erste nach dem Unglück Beweise aufgenommen haben und diese Beweise nicht in die Gutachten aufgenommen wurden, könnte es sein, daß diese Gutachten letztlich ein anderes Er- gebnis haben."  Denn im bereits vorgelegten Untersuchungsbericht der KTZ werden fünf mögliche Zünd- quellen für den Brand angegeben, nicht nur der Heizlüfter.
Der amerikanische Anwalt Ed Fagan, der am Donnerstag als Zeuge aussagen und seine angeblich un- terschlagenen Beweise präsentieren hätte sollen, ist allerdings nicht nach Linz gekommen. Er habe da- für wegen seiner vielen anderen Termine keine Zeit, sagte Fagan am Telefon zu Richter Seiss.

Kaprun-Prozeß: Zeugen sind am Wort
Salzburg, 08.07.2002
Im Prozeß um die Brandkatastrophe von Kaprun haben am Montag erstmals die Zeugen ausgesagt. Für die vierte Verhandlungswoche sind 34 Aussagen angesetzt. Jene Bediensteten der Gletscherbahnen Kaprun, die am Montag zum Seilbahnunglück mit 155 Toten befragt wurden, sagten, es habe in den Tagen davor keine besonderen Vorkommnisse gegeben, auch ausgelaufenes Hydrauliköl sei niemanden aufgefallen. Auch der Heizlüfter habe nie Probleme verursacht, so die Zeugen, unter ihnen Wagenbe- gleiter und Elektriker.
Für Aufsehen sorgt einmal mehr der US-amerikanische Rechtsanwalt Ed Fagan. Er wäre für kommen- den Donnerstag als Zeuge vorgesehen und sollte zu angeblich verschwundenem Beweismaterial befragt werden. Sein Salzburger Geschäftspartner ließ am Montag allerdings mitteilen, Fagan habe einen vollen Terminkalender und wisse noch nicht, ob er für den Prozeß Zeit habe.
Donnerstag und Freitag wird der Kaprun-Prozeß nach Linz übersiedeln - dorthin, wo sich auch das Wrack der ausgebranntenBahn befindet.

Kaprun-Prozeß: Alle 16 Beschuldigten haben ausgesagt
Salzburg, 05.07.2002
Im Prozeß um die Gletscherbahnkatastrophe von Kaprun ist am Freitag die erste Runde abgeschlossen worden: nun haben alle 16 Beschuldigten ihre Aussage gemacht. Drei Wochen lang wurde im Kolping- haus verhandelt.
16 Beschuldigte, 16 Mal "nicht schuldig", 16 mal keine Antwort auf die Fragen der Hinterbliebenen- Anwälte. Die ersten drei Wochen im Kaprun-Prozeß sind nach einem immer wiederkehrenden Muster abgelaufen. Keiner der 16 sieht sich verantwortlich für den Brand mit 155 Toten, jeder der Beschuldigten sagt, er sei entweder nicht zuständig gewesen oder habe sich auf die Arbeit anderer verlassen.

Keine leichte Aufgabe für die Staatsanwältin, Fahrlässigkeit nachzuweisen. Keine leichte Aufgabe für den Richter, ein Urteil zu fällen.
Das Interesse der Medien an diesem Verfahren hat stark nachgelassen, ebenso wie das Interesse der Prozeßbeobachter. Am Freitag sind erstmals gar keine Hinterbliebenen zur Verhandlung gekommen. Und auch die Plätze der Hinterbliebenen-Anwälte bleiben inzwischen großteils leer. Auf deren Fragen geben die Beschuldigten ohnehin keine Antworten. Zuviele Emotionen würden ansonsten hochkommen, rechtfertigen sich die Beschuldigten und ihre Verteidiger.

Vor der Sommerpause wird noch zwei Wochen verhandelt: ab Montag sind dann Zeugen am Wort, Gen- darmerieermittler, Gletscherbahnbedienstete. Und bei einem Lokalaugenschein beim verbrannten Zug in Linz sollen dann auch einige der Überlebenden der Gletscherbahnkatastrophe aussagen.

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