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BEG verkauft Empfangsgebäude des Bahnhofs Witten an lokale Investoren

Witten, 16.12.2010 (BA)
Nachdem mit der Aufwertung des Hauptbahnhof-Umfeldes durch die Stadt Witten und private Investoren auch der lokale Wunsch nach einer Verschönerung des Hbf-Gebäudes immer präsenter geworden ist, geht es in Sachen Sanierung nun Schlag auf Schlag. Denn die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft (BEG) konnte beim Bahnkonzern erfolgreich dafür werben, sich in Anbetracht leerer DB-Kassen vom Gebäude zu trennen und einen lokalen Investor zu suchen, der sich den Herausforderungen bei der Sanierung des Baudenkmals stellt. Unter mehreren Interessenten haben die örtlichen Investoren Radomir Zecevic und Markus Bürger, der im November 2009 das alte Rathaus Herbede erwarb und in ein Ärztezentrum verwandeln ließ, den BEG-Zuschlag für den Kauf bekommen. Verkauft wurden nunmehr das Empfangsgebäude und der Güterschuppen, die Grundstücksgröße beträgt ca. 1.900 m². Der Vorplatz gehört bereits der Stadt Witten.

Am Donnerstag, 16. Dezember 2010, erfolgte in Essen um 9 Uhr die notarielle Beurkundung des Kaufs. Bei der symbolischen Übergabe des goldenen Schlüssels durch Thomas Lennertz, Geschäftsführer der BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH, Carsten Kirchhoff, Projektleiter der BEG, und Karl-Wilhelm Drews, Leiter des Bahnhofsmanagements der DB Station&Service AG, an Markus Bürger und Radomir Zecevic zeigte sich auch die Stadt Witten glücklich über die lokalen Sanierer: „Die Investoren sind ja nicht nur ‚Söhne der Stadt‘, sondern haben in Herbede bereits bewiesen, dass sie Projekte zur Aufwertung unserer Stadt erfolgreich stemmen können“, waren sich Bürgermeisterin Sonja Leidemann und Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke einig. Die beiden Wittener hätten auch bei anderen denkmalgeschützten Objekten wie der Klosterkirche in Hennef bewiesen, dass sie denkmalgeschützte Gebäude mit innovativen Konzepten und umfangreichen Investitionen wieder mit Nutzungen füllen und städtebaulich entwickeln.

Auch die BEG bekräftigte mit Blick auf die vor Ort erläuterten Umbaupläne des Wittener Büros Frielinghaus-Schüren-Architekten, dass BEG und Deutsche Bahn das 161 Jahre alte Gebäude – im Übrigen ohne den Tunnel zu den Gleisen sowie die dazugehörigen Aufzüge – in guten Händen wisse. Der Deutschen Bahn selbst hatten die Investitionsmittel gefehlt, um das Gebäude (im Zuge des Integrierten Handlungskonzeptes Innenstadt mit seinen Bereichen Stadtgalerie / City-Bogen und Zentraler Omnibusbahnhof) zu modernisieren. Mit den Investoren hingegen konnten jetzt Sanierung und Umbau für rund 2,8 Mio. Euro vertraglich vereinbart werden. Die DB Station&Service AG hatte sich auf Grundlage der von der BEG beauftragten baugutachterlichen Untersuchung des historischen Gebäudes entschlossen, einem Verkauf des Gebäudes an lokale Investoren zuzustimmen. Die BEG initiierte daraufhin ein Investorenauswahlverfahren mit der DB Station&Service AG und unter Beteiligung der der Stadt Witten, in dessen Zuge mehrere Konzepte vorgestellt und beurteilt wurden. Die Entscheidung fiel letztendlich zugunsten der Investoren Bürger und Zecevic. Ausschlaggebend war insbesondere das Nutzungs- und Finanzierungskonzept der Investoren und die überzeugende architektonische Vorplanung des beauftragten Büros Frielinghaus-Schüren-Architekten, die eine behutsame Entwicklung des denkmalgeschützten Gebäudes ermöglicht.

Anno 1849: Geschichte & Bedeutung des Bahnhofs „Witten BME“
Der Hauptbahnhof Witten liegt im Südosten der Innenstadt und wurde als „Witten BME“ von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft am 9. März 1849 eröffnet.

Der Wittener Hauptbahnhof ist Verknüpfungsbahnhof mehrerer Eisenbahnstrecken. Die Stammstrecke der BME war bereits am 20. Dezember 1848 zunächst nur für den Güterverkehr eröffnet worden. Am 26. Oktober 1860 begann die BME an diesem Bahnhof den Bau ihrer Ruhrgebietsstrecke. Der südliche Ast der Bahnstrecke Elberfeld-Dortmund wird bis heute sowohl vom Fernverkehr als auch Nahverkehr genutzt, der nördliche Ast seit 1988 hingegen nur noch von der S-Bahn-Linie S 5. Der Regionalverkehr fährt nach Halt im Bahnhof bis Essen Hauptbahnhof, der Fernverkehr fährt seit 1988 ohne Halt in Witten nach Dortmund Hauptbahnhof. Die einzigen heute noch in Betrieb befindlichen Streckenteile auf der südlichen Ruhrseite sind heute zu einer durchgehenden Güterzugstrecke gebunden.
Das repräsentative Empfangsgebäude aus dem Jahre 1901 nach den Entwürfen des Wittener Architekten Richard Sauerbruch steht einschließlich der seitlich angebauten ehemaligen Güterhalle unter Denkmalschutz und ist Teil der Route der Industriekultur. Das im Stil des Historismus mit einladendem Frontgiebel und dem großen Rundbogenfenster errichtete Bahnhofsgebäude stellt im Geist jener Zeit gewissermaßen das „neue Stadttor“ dar. Die Giebelbekrönung und die Schmuckfelder verweisen auf den Fortschritt der Technisierung. Das in gelben Spaltklinkern gehaltene Gebäude ist bedeutendes Dokument der technischen, gesellschaftlichen und verkehrsgeschichtlichen Entwicklung, die sich im 19.Jh. in Witten vollzogen hat. Die Berliner Straße und auch die Passage der Stadtgalerie laufen axial auf den Bahnhofsgiebel zu. Durch seine den öffentlichen Raum bestimmende Wirkung am Bahnhofsvorplatz und entlang der Bergerstraße geben das Bahnhofsgebäude und die anschließende Stützmauer der Umgebung das städtebauliche Gepräge.
Das Bahnhofsgebäude wird heutzutage lediglich als Zugangsmöglichkeit für die Bahnreisenden genutzt. Neben einem Reiseshop der DB versorgen ein Bäcker und ein Zeitschriftenladen den Reisenden mit dem Notwendigen. Diverse Automaten stellen sicher, dass Tickets außerhalb der Geschäftszeiten des Reiseshops gekauft werden können. Die Verweildauer der Reisenden in und am Bahnhof ist wegen des optisch schlechten Zustandes und des unattraktiven Angebotes an Waren- und Dienstleistungen bisher jedoch gering.

Das neue Nutzungskonzept: „Historisches Stadttor Witten Hauptbahnhof“
Im Rahmen der Kernsanierung und der erweiterten Nutzung des Wittener Hbf wollen die Investoren das Bahnhofsgebäude nun als „Historisches Stadttor Witten“ gestalten. Denn sämtliche Zufahrtstrassen in die Wittener Innenstadt werden von aktuellen oder ehemaligen Bahnstrecken gekreuzt, die einen Ring um die Wittener Innenstadt bilden. Die jeweiligen Unterführungen bilden dabei eine Art Tor in den erweiterten Innenstadtbereich. Das größte und spektakulärste Tor in die Innenstadt stellt der Bahnhof dar, den pro Tag derzeit – vor der Fertigstellung des ZOB – etwa 6.000 Personen durchqueren.

Die neue Grundkonzeption: Den Reisenden soll neben dem Zugang zu den Gleisanlagen ein deutlicher Mehrwert geboten werden, der die Aufenthaltsqualität im und am Hauptbahnhof deutlich steigert. Das Bahnhofsgebäude soll im Glanze seiner außergewöhnlichen Architektur neu entstehen und an seine Eröffnung von 1901 erinnern. Dabei bilden die Liebe der Eisenbahnfreunde zum Detail und das Ansinnen der Investoren den Bahnhof als Schmuckstück der Stadt zu gestalten, eine viel versprechende Symbiose.
Das Sanierungskonzept sieht eine vollkommene Sanierung der denkmalgeschützten Außenhülle vor: das Dach wird einschließlich Rinnen und Fallrohre denkmalgerecht erneuert, die Schäden an der Fassade einschließlich der Natursteinelemente werden nach historischer Vorgabe beseitigt und die Fassade einer Grundinstandsetzung einschließlich Reinigung unterzogen. Sämtliche Fenster und Türen werden denkmalgerecht erneuert sowie das große, heute zugemauerte Fenster in der Empfangshalle zum Gleis hin wieder nach historischem Vorbild neu geschaffen. Im Inneren wird durch umfassenden Umbau und Modernisierung.
Durch die gezielte Herausarbeitung der architektonischen und historischen Besonderheiten des Gebäudes soll sich der Besucher ins vorige Jahrhundert zurückgesetzt fühlen. Darüber hinaus ist geplant, dass der Bahnhof innen wie außen als Museum genutzt wird. Hier soll die geschichtliche Verbindung zwischen Kohle, Stahl und der Eisenbahn eindrucksvoll und erlebbar dargestellt werden. Durch die Beteiligung der Gestaltung des Museums durch die ‚Eisenbahnfreunde Witten‘, die aktuell schon Mieter im Bahnhofsgebäude sind und ihre konstruktive Mitarbeit zugesichert haben, wird eine Versorgung mit originalen Exponaten sichergestellt.“
Thomas Lennertz, Geschäftsführer der BahnflächenEntwicklungs Gesellschaft NRW (BEG) berichtet: „Dem Land NRW und dem Forum Bahnflächen NRW als kommunale Interessen vertretung in Sachen Bahnangelegenheiten ist es gelungen, mit der Deutschen Bahn AG bundesweit vorbildhafte Rahmenvereinbarungen zu den so genannten „Empfangsgebäudepaketen NRW“ zu schließen. Durch dieses Verfahren ist es bereits in mehr als 80 Fällen gelungen, die Nutzung und Gestaltung dieser wichtigen städtebaulichen Identifikationspunkte im Sinne der städtebaulichen und verkehrspolitischen Ziele der Kommunen zu beeinflussen. Rund 50 sanierungsbedürftige stadtbildprägende Gebäude sind zwischenzeitlich saniert worden und prägen den Bahnhofsbereich im positiven Sinne.“

Stichwort BEG
Die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW (BEG) wird finanziell zu je 50 Prozent von Bahn und Land getragen. Sie soll eine Perspektive für die nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigten Flächen und Gebäude entwickeln. Hierzu hat sie von der DB AG die Vollmacht erhalten, diese Grundstücke zu vermarkten. Das erste Liegenschaftspaket erstreckt sich über rund 1.064 ha entbehrlicher Flächen in 100 Kommunen des Landes- unter anderem auch in Witten. Flächen in weiteren 105 Kommunen sind 2005 dazugekommen.

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