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vida: Weiter für die Direktvergabe von öffentlichen Bahnverkehren kämpfen!

Mit neuen Leitlinien will EU-Kommission Ausschreibungszwang durchsetzen • Lohndrückerei und ruinöse Zustände bei Bahnen drohen nicht nur in Österreich

Wien, 26.06.2023 (BA/gm)
„Mit der Verabschiedung der finalen Leitlinien zur Bestellung des öffentlichen Verkehrs in den EU-Mitgliedsländern, hat sich die EU-Kommission nun politisch eindeutig gegen das Gesetz und damit gegen den Willen der Gesetzgeber EU-Parlament und Rat gestellt“, kritisiert Gerhard Tauchner, Vorstandmitglied der Sektion Eisenbahn in der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF), und Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida. Die Kommission schreibe nun im Alleingang einen Ausschreibungszwang für Bahnen vor und versuche damit, neue Bestimmungen einzuführen, die es in der sogenannten PSO-Verordnung (regelt unter anderem die Bestellung von nationalen Eisenbahnverkehren) selbst gar nicht gebe, so Tauchner. Die Gewerkschaften befürchten Lohndrückerei und schlechte Arbeitsbedingungen. Sie wollen entschlossen für den Erhalt der Direktvergabe von öffentlichen Bahnverkehren weiterkämpfen, kündigt Tauchner an: „Als Bittsteller werden wir dabei sicherlich nicht auftreten.“ 

„Das ist nicht nur demokratiepolitisch eine Katastrophe, sondern auch für die Eisenbahnbeschäftigten in der gesamten Europäischen Union: Mit einem Ausschreibungszwang werden dann nur mehr Billigstbieter auf dem Rücken der Bahnbeschäftigten im wahrsten Sinne des Wortes zum Zug kommen“, sieht der vida-Gewerkschafter hochqualifiziertes Personal sowie gute Einkommens- und Arbeitsbedingungen für die Eisenbahnberufe in Gefahr.

Die EU-Kommission wolle jetzt offenbar nicht nur gut funktionierende Bahnländer wie Österreich ruinieren, sondern fast auch das komplette Eisenbahnsystem in Europa. Denn 80 Prozent der Schienen-personenkilometer werden in den Mitgliedsländern über Direktvergabe organisiert und finanziert. Etwa in Deutschland oder England sei der Bahnverkehr aufgrund von Kostendruck durch Ausschreibungen kaputtgespart worden, kritisiert Tauchner.

Gerade in Zeiten der Teuerung und Klimakrise sei qualitativ hochwertige und leistbare öffentliche Mobilität für alle wichtiger denn je. Öffentlicher Bahnverkehr koste Geld und kann nur am besten funktionieren, wenn dieser nicht der Profitlogik unterzogen werde. Zudem sieht der vida-Gewerkschafter auch den Green Deal und die europäischen Mobilitätsziele durch die Ausschreibungspflicht von der EU-Kommission torpediert.

„Wir werden diesen Alleingang der EU-Kommission, die direkte Bestellung der öffentlichen Verkehre einfach zu beschneiden, gemeinsam mit unseren europäischen Transportarbeitergewerkschaften entschieden bekämpfen. Wir sind keine Bittsteller“, bekräftigt Tauchner abschließend.

Hintergrund PSO-Verordnung
Guter und niedrigschwelliger öffentlicher Verkehr ist nicht kostendeckend, sondern wird über öffentliche Gelder mitfinanziert. Die sogenannte PSO-Verordnung (Public Service Obligation, Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bzw. 2016/2338 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße des Europäischen Parlaments und des Rates) regelt die Organisation, Vergabe und Finanzierung von gemeinwirtschaftlichen Verkehren in der EU. Diese Verordnung sieht im Eisenbahnpersonenverkehr die Wahlmöglichkeit zwischen Direktvergabe und wettbewerblicher Ausschreibung vor.

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