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Trassenpreise im Schienengüterverkehr

Die DB Netz will viel mehr Geld für deutlich weniger Leistung

Berlin, 24.08.2023 (BA/gm)
Die DB Netz AG hat jetzt ihren Wunsch nach einer weiteren Steigerung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr um 5,5 Prozent veröffentlicht. Begründet wird der Schritt mit steigenden Kosten. Der Wert könnte im Genehmigungsverfahren noch weiter steigen. Transportwende geht anders.

„Der Schwenk zur Gemeinwohlorientierung der DB-Schieneninfrastruktur könnte schon vor dem Start scheitern, wenn die Pläne der DB Netz zur Steigerung der Trassenpreise nicht schnellstens vom Tisch genommen werden“, kommentierte der Geschäftsführer der GÜTERBAHNEN, Peter Westenberger, heute in Berlin den Plan der DB Netz AG für die achte Trassenpreiserhöhung seit dem Beschluss des Eisenbahnregulierungsgesetzes im Jahr 2016. Im kommenden Jahr soll die Steigerung mit mindestens 5,5 Prozent mehr als doppelt so hoch ausfallen als in diesem Jahr (2,2 Prozent). 

Zwei Effekte könnten den Wert sogar noch deutlich weiter in die Höhe treiben.

  • Die Bundesnetzagentur würde einem jüngeren Beschluss zufolge nach der jetzigen Gesetzeslage den Schienengüterverkehr noch stärker belasten.
  • Darüber hinaus erwarten Experten, dass als Folge der zum 01. Januar 2024 angekündigten Verschmelzung der Netz- und der Bahnhofssparte ein Teil der dadurch entfallenden „Stationspreis“- Zahlungen des Personenverkehrs auch durch den Schienengüterverkehr kompensiert werden müssten.

Schließlich will DB Netz auch die sogenannten Anlagenpreise, etwa für die Abstellung von Zügen, um sogar zehn Prozent erhöhen.

Das alles geschieht vor dem Hintergrund einer beklagenswert schlechten Verfügbarkeit des Netzes bei gleichzeitiger Hartleibigkeit gegenüber Kulanz- oder Schadenersatzforderungen. Hinzu sollen nun pro Jahr mehrere fünfmonatige Vollsperrungen von Hauptstrecken kommen. Westenberger: „Wenn die GÜTERBAHNEN ihre Kunden aus der verladenden Wirtschaft mit diesen Nachrichten konfrontieren, drohen dem Schienengüterverkehr Kundenverluste an die Straße und Deutschland drohen steigende Treibhausgasmengen.“

Im aktuellen Vorgang kulminieren für Westenberger Defizite aus der Vergangenheit: Der Bund hat den kostentreibenden, viel zu personalintensiven Netzbetrieb stillschweigend hingenommen, statt seine grundgesetzlich finanzielle Verantwortung wahrzunehmen und beispielsweise mit Bundesmitteln Stellwerke aus dem vorletzten Jahrhundert zu ersetzen. Ein Teil der für Ersatzinvestitionen im Netz notwendigen Bundesmittel wurden durch eingeforderte Gewinne der Infrastruktur ersetzt, auch der DB-Konzern zog teils finanzielle Ressourcen ab. Die sinkende Produktivität der DB Netz AG konnte vom Management nicht gestoppt werden. Und die seit Jahren kritisierten Regeln zur Trassenpreisermittlung im Eisenbahnregulierungsgesetz, das vom damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt explizit mit sinkenden Trassenpreisen begründet worden war, will auch die aktuelle Bundesregierung offenbar nicht erneuern.

Allerdings wirft die Ankündigung auch Fragen an die Preisstrategie der DB Netz auf. Preissteigerungen bei schlechter Qualität wirken nicht nur deplatziert. Sie können auch Nachfrage und folglich Umsatz kosten. Weitere Preiserhöhungen wären im System DB Netz die Folge, wenn die Höhe der Trassenpreise allein aus der Kostenentwicklung abgeleitet würde.

Westenberger: „Gemeinwohlorientiert ist eine Schieneninfrastrukturgesellschaft nicht, wenn sie riesige Defizite macht. Als guter Dienstleister muss sie dennoch kundenorientiert temporär durch Kulanz, Modernisierung und zur Not auch Preissenkung reagieren können, wenn die Qualität der Leistung die Kunden nicht zufriedenstellt. Umsatz und Produktivität jedes Unternehmens kommen nur von zufriedenen Kunden.“

Der Bund ist in der Verantwortung – wenn die neue Schieneninfrastrukturgesellschaft ab Januar wirklich gemeinwohlorientiert arbeiten soll, muss er durch einen Mix aus einer Novelle des Eisenbahnregulierungsgesetzes, die schnellere Finanzierung der Netzmodernisierung, Ausgleichsleistungen für notwendige zusätzliche Instandhaltung sowie eine temporär höhere Trassenpreisförderung den Schienengüterverkehr auf einem positiven Kurs halten. Westenberger abschließend: “Das ist auch das, was Deutschland von der neuen Schieneninfrastrukturgesellschaft erwartet: Zufriedene Kundinnen und Kunden und insgesamt mehr Verkehr auf der Schiene.”

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